Roberto Abraham Scaruffi

Monday 28 November 2011


MONTAG, 28. NOVEMBER 2011
Guten Morgen Herr Scaruffi,
seit heute Morgen ist unser Bild von den Menschen in Baden-Württemberg wieder in Ordnung. Die überwiegende Mehrzahl im deutschen Musterländle, das mit seinem weltweit einzigartigen Besatz an Mittelstandsfirmen selbst den Amerikanern Bewunderung abnötigt, hat nichts gegen den Bau eines modernen Bahnhofs einzuwenden. Nur rund 20 Prozent der Wahlberechtigten stimmten gegen den Aus- und Umbau, die Mehrzahl votierte dafür oder blieb der Volksabstimmung fern. Offenbar wächst die Einsicht mit der Entfernung vom Bauzaun.

Was für den grünen Ministerpräsidenten Winfried Kretschmann wie eine Abmahnung wirkt, darf Bahnchef Rüdiger Grube als Belobigung verstehen. Er wird heute in Berlin seine Zukunftsstrategie für Stuttgart erklären. Grube tritt als Triumphator vor die Presse und muss dennoch alle schauspielerische Leistung zusammen nehmen, damit es genau so nicht aussieht. Erfolg bedeutet zuweilen auch, dass man im richtigen Moment die Klappe hält.

Die ohnehin schon überlange Erfolgsbilanz des Ferdinand Piëch ist seit heute Morgen weiter gewachsen: Der VW-Patriarch kann endlich seine weltweite Lkw-Allianz aus VW, Scania und MAN an den Start schicken. Dazu musste Piëch die Probleme der von Korruptionsvorwürfen geplagten MAN-Tochter Ferrostaal lösen. Das hat er jetzt dadurch getan, dass er in aller Stille einen neuen Eigentümer fand. Heute Morgen um 7.45 Uhr erging eine entsprechende Ad-hoc-Meldung an die internationalen Investoren. Dank einer Indiskretion können Sie die Exklusiv-Geschichte hinter der Eilmeldung schon heute in unserer Zeitung lesen - auf Seite 1. Die Überschrift lautet: "Piëch löst Problemfall".

555 Milliarden Euro zahlen die Deutschen im Jahr 2011 an Steuern. Das ist aus Sicht der Grünen eine zu geringe Summe. Ihr Parteitag beschloss eine Vermögensabgabe in Höhe von zehn Milliarden Euro jährlich und eine Erhöhung des Spitzensteuersatzes von derzeit 42 auf dann 49 Prozent. Ab einem Jahreseinkommen von 80.000 Euro ist man demnach ein Spitzenverdiener. Diese Beschlüsse sind vor allem für die FDP ein Segen. Wer vergessen hatte, wozu Deutschland eine liberale Partei braucht, dem ist es gestern wieder eingefallen. Wahrscheinlich war Schlitzohr Rainer Brüderle der Ghostwriter der grünen Leitanträge.

Die Europäische Zentralbank nennt heute Zahlen zum Geldvolumen in der Euro-Zone für Oktober 2011. Man darf gespannt sein, in welcher Größenordnung sich die Niedrigzinspolitik und der Aufkauf notleidender Staatsanleihen in der Geldmenge niederschlagen. In den USA hat man sich in der Ära Bush Junior entschieden, diese unbequeme Zahl, die von kommender Inflation kündet, nicht mehr zu veröffentlichen. Die unter Experten als G3 bezeichnete Ziffer gilt als geheime Kommandosache der Federal Reserve Bank. Das kann kein Vorbild, sehr wohl aber eine Mahnung sein. Exzessive Schuldenpolitik und Wählertäuschung sind siamesische Zwillinge.

Demokrat trifft Bürokrat: US-Präsident Barack Obama empfängt heute in Washington EU-Kommissionspräsident José Manuel Barroso. Der hat im Schlepptau weitere Europa-Funktionäre wie den ständigen EU-Ratspräsidenten Herman Van Rompuy und die EU-Außenbeauftragte Catherine Ashton. Da gerade kein Euro-Krisen-Sondergipfel in Sicht war, hat sich der Brüsseler Wanderzirkus nach Washington zu einem USA-EU-Gipfel aufgemacht. Für die Amerikaner ist der Kontakt mit uns Europäern ähnlich mühsam wie einst mit den rivalisierenden Indianerstämmen. Jeder redet, aber keiner hat was zu sagen. Unser Sitting Bull heiß Barroso.

Ich wünsche Ihnen einen heiteren Start in diese vorweihnachtliche Woche. Es grüßt Sie herzlichst Ihr

Gabor Steingart
Chefredakteur
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Piech löst Problemfall
Der VW-Patriarch kann endlich seine weltweite Lkw-Allianz aus VW, Scania und MAN an den Start schicken. Dazu musste Piech die Probleme der von Korruptionsvorwürfen geplagten MAN-Tochter Ferrrostaal lösen. Die erhält jetzt einen neuen Eigentümer.

US-Ökonom Shiller fordert stärkeres Engagement der EZB
Der Amerikaner hält den europäischen Weg zur Lösung der Schuldenkrise für falsch und empfiehlt der Zentralbank weitere Anleihekäufe.

Bankenabgabe fließt nur spärlich
Die Bankenabgabe wird dem Finanzminister in diesem Jahr nur rund halb so viel einbringen wie erhofft.

Emirates provoziert Lufthansa
Der Konkurrent der größten deutschen Airline fliegt mit seinem Flaggschiff A380 jetzt auch nach Deutschland.

Das Nicht-Verhältnis der Grünen zur Wirtschaft
Die Partei bekennt sich zum Mittelstand, fordert zugleich aber auch höhere Steuern.

"Drei Billionen für eine Brandmauer"
Polens Finanzminister Jacek Rostowski erklärt im Interview, warum die EZB in der Schuldenkrise intervenieren muss.

Arabische Sanktionen gegen Syrien
Die Arabische Liga reagiert auf das anhaltende Blutvergießen und verhängt Strafmaßnahmen gegen das Assad-Regime.

Streik würde Postbank lähmen
Im Streit zwischen dem Management der Postbank und der Dienstleistungsgewerkschaft Verdi sind die Fronten verhärtet.

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Bahnchef Grube berichtet über die weitere Strategie in Stuttgart
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Die internationale Presse kommentiert das Ergebnis der Volksabstimmung über Stuttgart 21: Es sei eine Niederlage für die Grünen, die CDU könne sich dagegen über den Sieg freuen.

"Es ist ein Ergebnis, das Klarheit schafft - endlich. Wenn es überhaupt einen Ausweg aus der verfahrenen Debatte gab, dann diesen - trotz aller Unzulänglichkeiten des Verfahrens", kommentiert die Stuttgarter Zeitung das Ergebnis der Volkabstimmung über das Projekt Stuttgart 21. Nun seien alle aufgerufen, den demokratischen Entscheid des Volkes, der nach demokratischen Entscheidungen der Parlamente erfolgte, als Schlusspunkt zu respektieren.

Als Sieg des alten "CDU-Filzes" in Baden-Württemberg wertet der Stern das Ergebnis der Volksabstimmung: "Die CDU war im März in Baden-Württemberg abgewählt worden - nach 58 Jahren eine historische Wahlschlappe. Jetzt, mit der Abstimmung zu Stuttgart 21, war für sie die Stunde der Rache gekommen. Und die CDU hat sie genutzt."

"Was lange ein Treppenwitz bei den Konservativen war, wird nun Realität: Ein grüner Ministerpräsident muss den Bau des bei der Öko-Partei verhassten Tiefbahnhofs unterstützten", schreibt die Süddeutsche Zeitung. Kretschmann habe dagegen gekämpft und verloren.

"Welch ein Dilemma: Ohne den Protest gegen Stuttgart 21 wäre Winfried Kretschmann im März niemals zum ersten grünen Ministerpräsidenten gewählt worden", meint das Westfalen-Blatt. Das deutliche Ergebnis der Volksabstimmung zeige, dass sich die Baden-Württemberger für den Fortschritt und die Schaffung von Arbeitsplätzen entschieden und ihr Land vor einer Blamage bewahrt haben.
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