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Guten Morgen,
"Vorbilder gesucht!" lautet das
Titelthema unserer heutigen Wochenendausgabe. Denn die Planstelle des Helden
ist in unserer Zeit unbesetzt. Die Banker kosten die
Volkswirtschaften mehr als sie ihnen einbringen, unser früherer
Hoffnungsträger ist ein Plagiator, der Präsident tauscht
Privilegien gegen Vertrauen, ein Kapitän geht zuerst von Bord -
reihenweise purzeln unsere Vorbilder von ihren Sockeln. Die
Handelsblatt-Redaktion hat sich - in Davos und anderswo - auf die Suche nach
außergewöhnlichen Menschen begeben und ist fündig geworden. Das
Interessante dieser Spurensuche ist die Erkenntnis, dass es nicht mehr das eine
große Vorbild gibt, wohl aber Menschen, die Vorbildliches leisten. Die stellen
wir Ihnen in unserer heutigen Ausgabe vor.
Beim Weltwirtschaftsforum
in Davos gibt es zwei Wirklichkeiten: Offiziell wird über Gott und die Welt
diskutiert, vom Aufstieg Chinas bis zur Bedeutung der Weltreligionen. Das
eigentliche Tuschelthema aber konzentriert sich auf die Frage: Wie
lange bleibt Griechenland noch Mitglied der Euro-Zone? Die
Unternehmensführer, die Bankchefs, aber auch die angereisten Mitglieder der
Bundesregierung, bereiten sich auf den Ernstfall vor. Unsere heutige
Schwerpunktseite berichtet vom "Nachdenken über Plan B". Wir sind
neugierig, was Wolfgang Schäuble dazu heute sagen wird. Sein Auftritt in
Davos wird von Amerikanern wie Europäern mit Spannung erwartet. Handelsblatt Online berichtet
live.
US-Investor George Soros hat sich in Davos als einer der
profiliertesten Kritiker der deutschen Europapolitik hervorgetan. Er hält
Merkels Politik der Strenge für gefährlich. Wir haben ihn gebeten, konstruktiv
zu werden. In einem Gastkommentar für das Handelsblatt entwirft er nun eine
Strategie, wie der Euro gerettet werden kann. Hier spricht kein
Politiker, sondern ein Mann des Kapitalmarktes. Man muss ihm nicht folgen, aber
man muss ihn lesen.
Nokia kann man vieles vorwerfen, aber nicht
Mutlosigkeit. Der angeschlagene Handy-Hersteller will mit neuen Geräten
und einem neuen Aufsichtsratschef die Wende schaffen, um gegen Apple
bestehen zu können. Die Ausgangslage ist alles anderes als rosig: Während Nokia
von Oktober bis Dezember insgesamt 19,6 Millionen internetfähige Handys
verkaufte, brachte Apple sein iPhone 37 Millionen Mal unter die Leute.
Wir wissen nicht, ob Nokia erfolgreich sein wird. Aber eines wissen wir: Diese
Firma kämpft.
Nun also doch: Der Verwaltungsrat von EADS
beschloss gestern, den bisherigen Airbus-Chef Tom Enders als
Nachfolger des Franzosen Louis Gallois Anfang Juni an die Spitze des
Luftfahrt- und Rüstungskonzerns zu berufen. Überraschender Neuzugang im
Verwaltungsrat ist der frühere EZB-Chef Jean-Claude Trichet. Das ist eine
gute Nachricht für den von deutsch-französischen Grabenkämpfen geprägten
Konzern. Trichet ist kein Franzose mehr. So wie die Raupe zum Schmetterling
wird, hat sich Trichet in den vergangenen Jahren als Europäer entpuppt.
In den USA erhält Präsident Barack Obama unverhofft
Wahlkampfhilfe von der Wirtschaft. Die tut ihm den Gefallen und
floriert. Im vierten Quartal legte das Bruttoinlandsprodukt um drei Prozent zu,
wie nachher offiziell verkündet wird. Auch die Quartalszahlen der
Großunternehmen strahlen Optimismus aus: Ford konnte seinen
Nettogewinn nach unseren Recherchen im Vergleich zum Vorjahreszeitraum auf gut
eine Milliarde Dollar verfünffachen. Der Mischkonzern Honeywell wird
nachher eine Gewinnverdoppelung melden. Auch Starbucks wächst weiter.
Eigentlich müssten die Firmen ihre Gewinne als Wahlkampfspenden absetzen dürfen.
Ich wünsche Ihnen einen guten Start in den letzten Tag dieser Woche.
Möge Ihnen das Wochenende die Entspannung bringen, die Sie sich verdient haben.
Auf bald, Ihr
Gabor Steingart Chefredakteur
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