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Guten Morgen,
"Wer regiert Europa?" ist unsere
Titelgeschichte überschrieben. Sie handelt vom gestern offensichtlich gewordenen
Machtkampf zwischen EU-Kommissionspräsident José Manuel Barroso, der
erneut für die Einführung von Euro-Bonds warb, und Kanzlerin Angela
Merkel, die schon diese Dauerwerbetour des Portugiesen ungebührlich findet.
Sie sagte: "Ich halte es für äußerst unpassend, dass die Kommission heute
Euro-Bonds vorschlägt." Er erwiderte, dass der Bundesregierung der "angemessene
Respekt vor den Europäischen Institutionen fehlt". Vordergründig geht es um den
richtigen Weg zur Euro-Rettung. In Wahrheit aber darum, wer in Europa Koch und
wer Kellner ist. Machtpolitisch gleicht Europa derzeit einer Gemeinschaftsküche:
Alle wollen kochen und keiner spülen.
Dieses Wort hatten wir im
Zuge des Superaufschwungs vergessen: Arbeitsplatzabbau. Nokia Siemens
Networks streicht 17.000 Arbeitsplätze. Bis Ende 2013 muss nahezu jeder
vierte der 74.000 Mitarbeiter gehen. Hinzu kommen drei weitere Branchen mit
deutlichen Überkapazitäten: Die Energiekonzerne sind nach der
Energiewende gezwungen, rote Listen anzufertigen. Eon will sich von
11.0000 Mitarbeitern trennen. Die Banken müssen nach den Jahren des
Investmentbooms und unter dem Diktat strengerer Eigenkapitalregeln ebenfalls
abspecken. Und: Im Einzelhandel fordert der Onlinehandel seinen Tribut.
"Das Gespenst der Nutzlosigkeit", von dem der US-Soziologe Richard
Sennett einst sprach, kehrt in unsere Wohnquartiere zurück.
Gute
Nachricht aus Griechenland. Oppositionsführer Antonis Samaras, der mit
Ex-Regierungschef Giorgos Papandreou in Harvard einst die Studentenbude teilte,
bekennt sich nun auch zum Sparkurs. Nach anderthalb Jahren der
Fundamentalopposition lässt er die Konservativen auf die Regierungslinie
einschwenken. Das löst die Probleme nicht, aber es lindert sie. Eine Große
Koalition wäre das Beste, was den Griechen passieren könnte. Wenn man
ehrlich ist, gilt das auch für Deutschland.
Gemeinsam mit dem
Handelsblatt prämiert der "Elite Report" die besten Vermögensverwalter.
Wir drucken das Ranking, weil es sich bei unseren Lesern großer Beliebtheit
erfreut. Doch man hätte es diesmal mit Fug und Recht auch ausfallen lassen
können. Die meisten Vermögensverwalter waren in diesem Jahr Vermögensvernichter:
Im Durchschnitt aller untersuchten Geldhäuser war ein Verlust von fünf
Prozent zu konstatieren. Omas Sparstrumpf wäre im Jahr 2011 die
deutlich lohnendere Alternative gewesen: Dort verlor der Sparer Geld maximal in
Höhe der Inflationsrate, also nur 2,4 Prozent. Eigentlich hätte Oma die
Goldmedaille als "Bester Vermögensverwalter" verdient.
Für
Ex-Deutsche-Bank-Chef Rolf Breuer wird der Gerichtssaal zur zweiten
Heimat. Heute muss er wegen versuchten Prozessbetrugs vor dem Landgericht
München I erscheinen. Die Staatsanwaltschaft wirft dem Banker vor, 2003 in einem
der vielen Zivilverfahren rund um die Milliardenpleite des inzwischen
verstorbenen Medienunternehmers Leo Kirch die Unwahrheit gesagt zu haben.
Selbst für den Nichtjuristen drängt sich der Eindruck auf, dass diese
Angelegenheit für Breuer kein gutes Ende nehmen wird.
In der
Plagiatsaffäre hat die Staatsanwaltschaft das Verfahren gegen den
früheren Verteidigungsminister Karl-Theodor zu Guttenberg eingestellt.
Das politische Naturtalent wird nun einen politischen Comeback-Versuch
starten. Selbst seine Freunde und Gönner sagen: Es ist dafür noch zu früh. Der
größte Gegner des Ehepaars zu Guttenberg war und ist seine (und ihre) Ungeduld.
Oder um es mit Wilhelm Busch zu sagen: "Der Ungeduldige fährt sein Heu
nass ein."
Ich wünsche Ihnen einen kraftvollen Start in den Tag. Es grüßt
Sie herzlichst Ihr
Gabor Steingart Chefredakteur
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