Roberto Abraham Scaruffi

Tuesday, 24 January 2012


DIENSTAG, 24. JANUAR 2012
Guten Morgen,
während wir wie gebannt auf Griechenland schauen, braut sich in der Straße von Hormus womöglich größeres Unheil zusammen. Die US-Armee schickte jetzt den zweiten Flugzeugträger in den Persischen Golf. 20 Prozent des weltweit gehandelten Öls müssen die Meerenge zwischen Iran und dem Sultanat Oman passieren, um in unsere westlichen Öltanks zu gelangen. Iran droht mit der Total-Blockade, sollte das EU-Ölembargo gegen Teheran Wirklichkeit werden. Gestern wurde es beschlossen. Im Juli soll es in Kraft treten. Unsere Titelgeschichte "Zeitbombe Iran" beschreibt die möglichen Folgen eines Ölkrieges für die Weltkonjunktur.

Alexander Otto, der Sohn des legendären Versandhausgründers, will den Shopping-Mall-Betreiber ECE ausbauen, der weltweit 137 Einkaufszentren managt - obwohl sich die Kunden in der Krise zurückhalten. Unser New Yorker Korrespondent Thomas Jahn sprach mit Otto über den Tod seines Vaters, die schwierige Zukunft der Kaufhäuser in Deutschland und seine mutigen Expansionspläne in Süd- und Osteuropa. Falls es im Himmel ein Handelsblatt gibt, sollte sich der Senior eine Ausgabe besorgen: Er würde stolz auf seinen Sohn sein.

Die Handelsblatt-Redakteure Laura de la Motte und Christian Schnell haben eine Woche lang ein Doppelleben geführt: Gegenüber verschiedenen Banken in unterschiedlichen Städten gaben sie sich als das Ehepaar Ansgar und Anne Schäfer aus, das ein Haus im Wert von 500.000 Euro kaufen möchte. Sie konnten Verdienstbescheinigungen und sogar Eigenkapital in Höhe von 100.000 Euro vorweisen. Doch nirgendwo gelang ihnen, was dem Ehepaar Christian und Bettina Wulff zuvor gelungen war: Ein "rollierender Geldmarktkredit" mit einem Zinssatz zwischen 0,9 und 2,1 Prozent war nirgendwo zu haben. Auch die BW-Bank winkte ab. Nach einer Woche des Vor- und Nachrechnens gaben die Schäfers schließlich auf. Ihr Fazit: "Alle sind gleich, aber einige sind gleicher." Ihren Erfahrungsbericht lesen Sie in der heutigen Zeitung.

Siemens wird seine Aktionäre bei der heutigen Hauptversammlung auf ein schwieriges Jahr einstellen. Das Unternehmen aus München ist wegen Verzögerungen bei der Anbindung von Windparks an das Stromnetz sowie bei der Auslieferung von ICx-Schnellzügen an die Deutsche Bahn mit einem Gewinneinbruch ins neue Geschäftsjahr gestartet. Zwischen Oktober und Dezember sank das Konzernergebnis um knapp 300 Millionen Euro oder 17 Prozent auf 1,46 Milliarden Euro. Siemens-Chef Peter Löscher ist aber ein Kämpfer und will an seinen Zielen festhalten. Noch im November hatte er einen Gewinn von rund sechs Milliarden Euro für das gesamte Jahr angekündigt.

Apple will wieder allen beweisen, welche Profitmaschine das Unternehmen ist. Der High-Tech-Konzern, der heute über das erste Quartal seines Geschäftsjahres berichtet, hat nach Meinung von Experten bei einem Umsatz von knapp 39 Milliarden Dollar einen Nettogewinn von 9,5 Milliarden Dollar erzielt. Damit würde Apple im Vergleich zum Vorjahr seinen Umsatz um 45 Prozent und seinen Nettogewinn um 58 Prozent steigern. Die Wahrheit ist bitter für uns alle, die wir in der Old Economy zuhause sind: Apple verdient in acht Wochen so viel wie Siemens in einem Jahr.

In Los Angeles werden die mit Spannung erwarteten Nominierungen für die Oscars bekanntgegeben. Favoriten für die Königskategorie "Bester Film" sind der französische Stummfilm "The Artist", das Clooney-Drama "The Descendants - Familie und andere Angelegenheiten", Martin Scorseses "Hugo Cabret" und Woody Allens "Midnight in Paris". Auch Meryl Streep ("Die eiserne Lady") und George Clooney können nach ihrem Golden-Globe-Gewinn wohl sicher mit einer Oscar-Nominierung rechnen.

In Deutschland entwickelt sich dagegen - wie zuvor in Frankreich - der Film "Ziemlich beste Freunde" zum Renner der Saison - auch unter ökonomischen Gesichtspunkten. Bei Produktionskosten von nur knapp zehn Millionen hat der Film allein in Frankreich 145 Millionen Euro eingespielt. In Deutschland erlebt die tot geglaubte Verleihfima Senator-Film nun ihre Wiederauferstehung. Dort hatte jemand einen ziemlich besten Riecher.

Ich wünsche Ihnen einen erfolgreichen Start in den Tag. Herzlichst Ihr

Gabor Steingart
Chefredakteur
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Zeitbombe Iran
Neues Risiko für die Weltwirtschaft: Die US-Armee schickt den zweiten Flugzeugträger in die Straße von Hormus. Auch Europa erhöhte gestern den Druck auf Iran. Ein Ölembargo wurde beschlossen, und die Konten der Teheraner Zentralbank wurden eingefroren.

Griechenland-Krise verteuert Bankenrettung
Der Bund rechnet mit sechs Milliarden Euro Abschreibungsbedarf für den Rettungsfonds Soffin.

Führungswechsel bei Blackberry-Hersteller
Ein Deutscher soll den angeschlagenen kanadischen Konzern Research in Motion (RIM) retten. Doch Großaktionäre vermissen eine erfolgversprechende Strategie.

Angriff auf Solarstrom
Wirtschaftsminister Philipp Rösler will die Förderung der Photovoltaik neu ordnen. Er provoziert damit Umweltminister Norbert Röttgen.

Opel startet China-Offensive
Der Autohersteller hat große Pläne für Asien. Eine Vertriebskooperation soll die Marke auf dem weltgrößten Automarkt etablieren.

Thyssen-Krupp findet einen Käufer für die Edelstahlsparte
Der Konzern will das Geschäftsfeld an den finnischen Konzern Outokumpu verkaufen. Die Belegschaft protestiert. Schon einmal haben die Finnen ein Werk geschlossen.

Alexander Otto: Neue Projekte in Südeuropa
Der Sohn des legendären Versandhausgründers will den Shopping-Mall-Betreiber ECE ausbauen - obwohl sich die Kunden in der Krise zurückhalten.

Wulff-Kredit für jedermann?
Handelsblatt-Redakteure haben versucht, bei Banken Konditionen wie der Bundespräsident zu bekommen.

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Siemens bekommt den Abschwung zu spüren
Für Siemens beginnt das neue Geschäftsjahr mit einer schlechten Nachricht: Der Konzern musste im vierten Quartal 2011 einen herben Gewinneinbruch hinnehmen. Unsicherheiten in der Wirtschaft verzögern wichtige Projekte.
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Die Favoriten unserer Leser
Zukunft der Drogeriekette
Gläubiger haben wenig Mitleid mit Schlecker
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Vorsicht, Fettnäpfchen!
Wie Sie die versteckten Karrierekiller enttarnen
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Drogerie-Pleite
Anton Schleckers Vermögen ist in Gefahr
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Presseschau
"Griechenland ist ohne deutsche Hilfe verloren"
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Dividenden
Zahltage für Anleger
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Griechenland-Verhandlungen lasten auf Dax
Der Dax startet heute von der Pole-Position aus: Gestern schloss er beim höchsten Schlussstand seit Anfang August. Spekulanten wetten allerdings schon wieder auf fallende Kurse.
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Siemens lädt Aktionäre zur Hauptversammlung
Das Münchener Unternehmen spürt bereits die Konjunkturdelle in Europa. Zwischen Oktober und Dezember sank das Konzernergebnis um knapp 300 Millionen Euro oder 17 Prozent auf 1,46 Milliarden Euro. Neben Euro-Krise und Wachstumsschwäche in zahlreichen europäischen Ländern haben auch Abschreibungen auf das Windenergiegeschäft den Profit im ersten Quartal geschmälert. Siemens-Chef Peter Löscher hatte kurz vor der heutigen Hauptversammlung die Quartalszahlen bekanntgegeben. Die Jahresprognose wird nun unter Vorbehalt gestellt.

Schwaches Jahr für die Software AG
Die Darmstädter Software AG, die über das zurückliegende Geschäftsjahr berichtet, hat im vierten Quartal einen deutlichen Gewinnrückgang verbucht. Der zweitgrößte deutsche Software-Konzern verdiente im Schlussquartal operativ 78 Millionen Euro und damit 17 Prozent weniger als vor Jahresfrist. Der Umsatz sank währungsbereinigt um neun Prozent auf 294 Millionen Euro.

Wehrbeauftragter stellt Jahresbericht vor
Der Wehrbeauftragte des Bundestags, Hellmut Königshaus, stellt in Berlin seinen Jahresbericht vor. Von Ausrüstungsmängeln bis Führungsversagen werden darin Missstände bei den Streitkräften aufgelistet, die dem "Anwalt der Soldaten" in den vergangenen Monaten gemeldet wurden oder die er selbst bei Truppenbesuchen festgestellt hat. Der Bericht fällt in eine Zeit des Umbruchs bei der Bundeswehr.
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Orban will EU-Verfahren wegen strittiger Gesetze abwenden
Ungarns Ministerpräsident Viktor Orban will der EU-Kommission heute konkrete Vorschläge für die Änderung von umstrittenen Gesetzen machen. Damit möchte die rechts-konservative Regierung in Budapest ein von der EU-Kommission eingeleitetes Vertragsverletzungsverfahren abwenden. Orban trifft in Brüssel mit Ratspräsident Herman Van Rompuy und mit Kommissionspräsident José Manuel Barroso zusammen. Die EU-Kommission verlangt als Voraussetzung für einen neuen Milliardenkredit unter anderem Änderungen am Notenbankgesetz, weil ihrer Ansicht nach die Unabhängigkeit der Zentralbank nicht mehr gesichert ist. Auch Gesetze, die die Unabhängigkeit der Justiz und des Datenschutzbeauftragten gefährden, sollen geändert werden.
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Legt Anonymous am Samstag Facebook lahm?
Erst im November hatte die Hacker-Gruppe Anonymous angekündigt, sie wolle Facebook lahmlegen. Nichts passierte. Nun erscheint erneut ein Youtube-Video mit entsprechendem Aufruf - aber ohne direkte Begründung.
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Texas Instruments verbreitet Aufbruchstimmung
Der Infineon-Konkurrent Texas Instruments muss Umsatz- und Gewinneinbußen einräumen. Auch sollen zwei Werke geschlossen werden. Trotzdem ist die Stimmung beim US-Chiphersteller positiv.
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Halliburton trübt die Freude über Umsatzrekord
Der Öl- und Gasfelddienstleister Halliburton steckt in einer unbequemen Situation. Er kann zwar glänzende Quartalszahlen vorweisen, sieht aber für die Zukunft wenig Grund zur Freude.
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USA isolieren drittgrößte iranische Bank
Der mächtige Schritt der EU-Außenminister gegen den Iran freut die USA. Die Weltmacht verhängt nun weitere Sanktionen. Ziel des US-Finanzministeriums ist es, den Iran vom Zugriff auf das Finanzsystem abzuschneiden.
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Wall Street schließt kaum verändert
Das Warten auf einen Durchbruch bei den Verhandlungen Griechenlands mit seinen privaten Gläubigern hat die Stimmung an den US-Börsen getrübt. Das Minus an der Wall Street hielt sich jedoch in Grenzen.
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IWF legt aktualisierte Wachstumsprognose vor
Der Internationale Währungsfonds (IWF) legt in Washington seine aktualisierte Konjunkturprognose vor. Überdies veröffentlicht der Fonds seine jüngste Einschätzung zur Stabilität der Finanzmärkte. Es wird erwartet, dass der IWF seine globale Wachstumsvorhersage wegen der Euro-Krise deutlich gestutzt hat. Im September hatte er noch ein weltweites Plus von vier Prozent für dieses Jahr prognostiziert. Vorige Woche hatte bereits die Weltbank ihre Vorhersage für das Wachstum der Weltwirtschaft kräftig nach unten korrigiert. Die Schwesterorganisation des IWF sieht die Euro-Zone dieses Jahr sogar in die Rezession rutschen.

Apple ist nicht zu halten
Der High-Tech-Konzern, der heute über das erste Quartal seines laufenden Geschäftsjahres berichtet, hat Prognosen zufolge bei einem Umsatz von knapp 39 Milliarden Dollar einen Nettogewinn von 9,5 Milliarden Dollar erzielt. Damit hat das Kultunternehmen im Vergleich zum Vorjahr seinen Umsatz um 45 Prozent und seinen Nettogewinn um 58 Prozent gesteigert.

Harte Zeiten für Yahoo
Der Internetkonzern hat nach Einschätzung von Analysten ein schwaches viertes Quartal hinter sich. Sie rechnen mit einem um 22 Prozent niedrigeren Umsatz von 1,19 Milliarden Dollar und einem um vier Prozent niedrigeren Nettogewinn von 300 Millionen Dollar.

Johnson & Johnson steigert Gewinn
Der US-Gesundheitskonzern, der ebenfalls Zahlen für das vierte Quartal vorlegt, hat nach Expertenschätzung unter dem Strich mit 3,05 Milliarden Dollar 57 Prozent mehr verdient als vor Jahresfrist. Beim Umsatz rechnen sie mit einem leichten Plus von 3,5 Prozent auf 16,2 Milliarden Dollar.

Harley Davidson verdient wieder Geld
Der Hersteller der Kult-Motorräder hat nach Einschätzung von Analysten im vierten Quartal mit gut einer Milliarde Dollar zwar rund acht Prozent weniger erlöst. Gleichwohl rechnen Beobachter mit einem Nettogewinn von knapp 55 Millionen Dollar nach einem fast ebenso hohen Verlust im vierten Quartal des Vorjahres.
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Japans Indizes kratzen am Drei-Monats-Hoch
Zum sechsten Tag in Folge hat der Topix Gewinne verbucht, auch der Nikkei liegt im Plus. Die Anleger sehen zuversichtlicher als zuvor auf die europäische Krise. Zu den Gewinnern zählt die Autobranche.
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FÜR SIE GELESEN - HANDELSBLATT PRESSESCHAU
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Die internationale Wirtschaftspresse diskutiert die Ausweitung des EU-Rettungsschirms und analysiert die Entwicklung der Verhandlungen um Griechenlands Schulden.

Die Süddeutsche Zeitung fordert von Bundeskanzlerin Angela Merkel, ein Zeichen für den Euro zu setzen. Konkret legt das Blatt der Kanzlerin ans Herz, ihren Widerstand gegen eine Ausweitung des Euro-Rettungsschirms aufzugeben. Damit würde sie demonstrieren, dass es ihr ernst sei mit der Unterstützung der Reformer in Madrid und Rom.

Der australische Business Spectator glaubt, dass Angela Merkel sich bereits widerwillig dazu entschlossen habe, die "bittere Medizin, die sie den Schuldenstaaten verschreibt", durch die Ausweitung des Rettungsfonds um 250 Milliarden Euro zu versüßen. Merkel sei sich im Klaren, dass die Sparforderungen dermaßen hart seien, dass sie auf heftige Proteste seitens der Bevölkerung in den betroffenen Staaten stoßen würden.

Das US-amerikanische Wall Street Journal widmet sich der Krise in Griechenland und sieht die Europäische Zentralbank als möglichen Problemlöser. Die Gespräche um die Beteiligung privater Investoren an der Umschuldung Griechenlands seien ins Stocken geraten, wodurch es wahrscheinlicher werde, dass auch Staaten der Euro-Zone Verluste auf sich nehmen müssten. Eine Umstrukturierung der griechischen Anleihen im Wert von 50 Milliarden Euro in den Büchern der EZB könne den Prozess in Gang bringen.

Der britische Guardian glaubt nicht, dass die Gespräche um den freiwilligen Schuldenschnitt durch private Investoren für Griechenland unter der Leitung der sogenannten Troika aus EU, EZB und IWF zum Erfolg führen können. Der Deal, den die Troika den Griechen vorschlage, sei zu sehr auf die Interessen der Gläubiger zugeschnitten.
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