 |
Guten Morgen,
die Europäische Zentralbank (EZB) ist
nicht mehr die Notenbank, als die sie gegründet wurde. Das Vorbild war einst die
Deutsche Bundesbank mit ihrer politischen Unabhängigkeit und ihrer
unbedingten Stabilitätskultur. Heute dient als Vorbild die amerikanische
Federal Reserve Bank (FED), die per Gesetzesauftrag dazu verpflichtet ist, die
Regierung zu unterstützen. Das tut die EZB heute auch, indem sie die
Finanzmärkte mit Billionen von Euro flutet, denen kein realer Gegenwert
gegenübersteht. Unsere Titelgeschichte "Die wundersame Geldvermehrung"
erzählt von einer Wesensveränderung, die sich im Innersten unseres
Währungssystems ereignet hat.
"Wirtschaft ist zur Hälfte Psychologie",
sagte einst Bundeswirtschaftsminister Ludwig Erhard - und warb daher für
einen begründeten Optimismus in der Wirtschaftspolitik. Sein Nachfolger
Philipp Rösler sieht das offenbar anders. Er plant nach
Handelsblatt-Informationen in seinem am kommenden Mittwoch erscheinenden
Jahreswirtschaftsbericht, die Wachstumserwartungen für 2012 von
einem auf rund 0,75 Prozent zu senken. Rösler hält es offenbar eher mit
Heinz Erhardt, der einst gesagt hat: "Pessimisten schauen mit der
Sonnenbrille in die Zukunft."
Für die 3,6 Millionen Beschäftigten der
Metallindustrie beginnt in Kürze die Tarifrunde 2012.
Gesamtmetall-Chef Martin Kannegiesser erläutert im Interview mit meinem
Berliner Kollegen Dietrich Creutzburg die Marschroute der Arbeitgeber. Er
schlägt keinen unversöhnlichen, aber einen besorgten Ton an. Pflichtlektüre
vor allem für jene Gewerkschaftsfunktionäre, die am 7. Februar über
die Höhe ihrer Lohnforderung zu entscheiden haben.
Bei der Lufthansa
geht es schon heute los. Die Arbeitnehmer wollen Gehaltserhöhungen
von 6,1 Prozent für etwa 50.000 Lufthansa-Beschäftigte durchsetzen und den
geplanten Einsatz von Leiharbeitern in den Jets verhindern. Das Management hat
anderes im Sinn: Angesichts mäßiger Geschäftsaussichten will man über
Sparbeiträge, zum Beispiel über Mehrarbeit, reden. Wenn die werte Kundschaft
auch einen Wunsch äußern dürfte, wäre es wohl dieser: Bitte kein Streik!
Der CDU-Bundesvorstand kommt heute in Kiel zu seiner Klausur
zusammen. Das offizielle Thema lautet "Ideen von Morgen - Made in Germany". Es
soll um Wirtschaft und Arbeitsplätze gehen. Das inoffizielle Thema heißt
Wulff. Sein Schicksal hängt mittlerweile am seidenen Faden der Kanzlerin.
Angela Merkels Kreditgewährung für politische Weggefährten fällt in der
Regel weniger großzügig aus als die der BW-Bank.
Ich wünsche Ihnen einen
erfolgreichen Freitag und ein erholsames Wochenende. Herzlichst Ihr
Gabor
Steingart Chefredakteur
|
 |
 |
|
|
 |
 |
|