Roberto Abraham Scaruffi

Friday, 13 January 2012


FREITAG, 13. JANUAR 2012
Guten Morgen,
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die Europäische Zentralbank (EZB) ist nicht mehr die Notenbank, als die sie gegründet wurde. Das Vorbild war einst die Deutsche Bundesbank mit ihrer politischen Unabhängigkeit und ihrer unbedingten Stabilitätskultur. Heute dient als Vorbild die amerikanische Federal Reserve Bank (FED), die per Gesetzesauftrag dazu verpflichtet ist, die Regierung zu unterstützen. Das tut die EZB heute auch, indem sie die Finanzmärkte mit Billionen von Euro flutet, denen kein realer Gegenwert gegenübersteht. Unsere Titelgeschichte "Die wundersame Geldvermehrung" erzählt von einer Wesensveränderung, die sich im Innersten unseres Währungssystems ereignet hat.

"Wirtschaft ist zur Hälfte Psychologie", sagte einst Bundeswirtschaftsminister Ludwig Erhard - und warb daher für einen begründeten Optimismus in der Wirtschaftspolitik. Sein Nachfolger Philipp Rösler sieht das offenbar anders. Er plant nach Handelsblatt-Informationen in seinem am kommenden Mittwoch erscheinenden Jahreswirtschaftsbericht, die Wachstumserwartungen für 2012 von einem auf rund 0,75 Prozent zu senken. Rösler hält es offenbar eher mit Heinz Erhardt, der einst gesagt hat: "Pessimisten schauen mit der Sonnenbrille in die Zukunft."

Für die 3,6 Millionen Beschäftigten der Metallindustrie beginnt in Kürze die Tarifrunde 2012. Gesamtmetall-Chef Martin Kannegiesser erläutert im Interview mit meinem Berliner Kollegen Dietrich Creutzburg die Marschroute der Arbeitgeber. Er schlägt keinen unversöhnlichen, aber einen besorgten Ton an. Pflichtlektüre vor allem für jene Gewerkschaftsfunktionäre, die am 7. Februar über die Höhe ihrer Lohnforderung zu entscheiden haben.

Bei der Lufthansa geht es schon heute los. Die Arbeitnehmer wollen Gehaltserhöhungen von 6,1 Prozent für etwa 50.000 Lufthansa-Beschäftigte durchsetzen und den geplanten Einsatz von Leiharbeitern in den Jets verhindern. Das Management hat anderes im Sinn: Angesichts mäßiger Geschäftsaussichten will man über Sparbeiträge, zum Beispiel über Mehrarbeit, reden. Wenn die werte Kundschaft auch einen Wunsch äußern dürfte, wäre es wohl dieser: Bitte kein Streik!

Der CDU-Bundesvorstand kommt heute in Kiel zu seiner Klausur zusammen. Das offizielle Thema lautet "Ideen von Morgen - Made in Germany". Es soll um Wirtschaft und Arbeitsplätze gehen. Das inoffizielle Thema heißt Wulff. Sein Schicksal hängt mittlerweile am seidenen Faden der Kanzlerin. Angela Merkels Kreditgewährung für politische Weggefährten fällt in der Regel weniger großzügig aus als die der BW-Bank.

Ich wünsche Ihnen einen erfolgreichen Freitag und ein erholsames Wochenende. Herzlichst Ihr

Gabor Steingart
Chefredakteur
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Banken fassen Vertrauen
Die Politik des lockeren Geldes zeigt Wirkung. Gestern kauften Banken massenhaft Staatsanleihen von Italien und Spanien. Doch die Kritik bleibt: Bekämpft die EZB die Euro-Krise, indem sie die nächste Krise heraufbeschwört - eine hohe Inflation?

Millionenklage im Silikonskandal?
Geschädigte Patientinnen wollen den Lieferanten des Industrie-Silikons verklagen. Dem Mülheimer Chemiehändler Brenntag drohen Schadensersatzforderungen in mehrstelliger Millionenhöhe.

Bundesregierung senkt die Wachstumsprognose
Bundeswirtschaftsminister Philipp Rösler plane in seinem am Mittwoch erscheinenden Jahreswirtschaftsbericht, die Wachstumserwartungen für 2012 von einem auf rund 0,75 Prozent zu senken, erfuhr das Handelsblatt aus Regierungskreisen.

T-Systems droht ein Gewinneinbruch
Die Telekom-Tochter muss künftig ohne die lukrativen Margen im Geschäft mit der eigenen Mutter auskommen.

Wulff spaltet die Union
Einige CDU-Politiker hoffen, die Krise um den Bundespräsidenten habe bald ein Ende. Andere rechnen mit dem Rücktritt.

Gründerfamilie will Douglas zurück
Die Familie Kreke verhandelt mit Investoren über eine Übernahme des MDax-Konzerns. Die Aktie legt kräftig zu.

"Wir zahlen die höchsten Löhne"
Gesamtmetall-Chef Martin Kannegiesser erläutert im Interview die Marschroute der Arbeitgeber für die Tarifrunde.

Der deutsche Patient Commerzbank
Der Fahrplan für die nötige Aufstockung des Eigenkapitals der Bank steht.

Serie: Die Herren des Geldes
Der Schwede Peter Elam Hakansson wurde bereits fünfmal zum besten Fondsverwalter gekürt. Seine Fondsgesellschaft East Capital verwaltet ein Vermögen von 3,4 Milliarden Euro und zählt zu den größten Investoren in Russland.

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Commerzbank kommt ohne Staatshilfen aus
Keine staatlichen Hilfen, keine Kapitalerhöhung. Allein der Markt soll das Milliarden-Loch der Commerzbank schließen. Nach Handelsblatt-Informationen hat Bankchef Martin Blessing recht eigenwillige Pläne geschmiedet.
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Italien und Spanien lassen Euro-Anleger jubeln
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Griechen-Hilfe wird für Euro-Retter zum Fiasko
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Schuldenkrise
Die Wut der Mini-Banken
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Dax-Anleger zwischen Hoffen und Bangen
Die Schuldenkrise ist nicht vorbei, Griechenland bereitet den Märkten weiter Kopfzerbrechen. Anleger setzen auf die Konjunktur in den USA. Heute stehen dort wichtige Indikatoren an - und ein Schwergewicht präsentiert Zahlen.
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Tarifverhandlungen bei Lufthansa beginnen
In eine vorbelastete Tarifrunde steigen Gewerkschaften und die Lufthansa heute ein. Die Arbeitnehmer wollen in einem schwieriger werdenden wirtschaftlichen Umfeld Gehaltserhöhungen von 6,1 Prozent für etwa 50.000 Lufthansa-Beschäftigte durchsetzen und den geplanten Einsatz von Leiharbeitern in den Jets verhindern. Auf der anderen Seite verlangt das Management angesichts mäßiger Geschäftsaussichten von der Belegschaft Sparbeiträge. Auf Arbeitnehmerseite verhandeln die Gewerkschaften Verdi und UFO, die vor allem das Kabinenpersonal vertritt, erstmals seit einigen Jahren wieder gemeinsam.

CDU legt Fahrplan für 2012 fest
Der CDU-Bundesvorstand kommt in Kiel zu seiner Jahresauftaktklausur zusammen. Die Christdemokraten unter Bundeskanzlerin Angela Merkel wollen ihr Arbeitsprogramm für 2012 festlegen. Am Samstag soll eine "Kieler Erklärung" mit dem Titel "Ideen von Morgen - Made in Germany" verabschiedet werden. Schwerpunkte sind Wirtschaft, Wachstum und Arbeitsplätze. Die Debatte über die Kredit- und Medienaffäre von Bundespräsident Christian Wulff dürfte bei der Tagung ebenso eine wichtige Rolle spielen.

Opel wählt neuen Betriebsratschef
Der Opel-Betriebsrat wählt einen neuen Vorsitzenden. Einen Monat nach dem Abschied von Klaus Franz gilt IG-Metall-Kandidat Wolfgang Schäfer-Klug als sicherer Nachfolger: Die Gewerkschaft hat in dem Gremium eine komfortable Mehrheit. Das 49-jährige SPD-Mitglied Schäfer-Klug soll wie Franz sowohl Betriebsratsvorsitzender am Stammsitz Rüsselsheim als auch Gesamtbetriebsratchef aller vier deutschen Werke werden. Zudem soll der Darmstädter den Vorsitz im Europäischen Arbeitnehmerforum übernehmen. Der promovierte Soziologe gehört dem Opel-Betriebsrat seit 2010 an.

Beratungen über Aufarbeitung der Neonazi-Morde
Vertreter der Bundestagsfraktionen beraten darüber, wie die Pannen rund um die Neonazi-Morde parlamentarisch aufgearbeitet werden sollen. Die SPD-Fraktion schlägt einen Untersuchungsausschuss und eine Bund-Länder-Expertenkommission vor. Dieses zweigleisige Konzept stößt aber bei Grünen und Linken auf Vorbehalte. Sie fordern zwar seit langem ebenfalls einen Untersuchungsausschuss, befürchten aber, dass dessen Arbeit mit dem SPD-Modell behindert wird. Auch in der FDP gibt es Sympathien für einen Untersuchungsausschuss. Unklar ist die Haltung der Union.

Gutes Jahr für Fraport
Der Flughafenbetreiber legt heute Verkehrszahlen für Dezember vor. Man darf gespannt sein, ob Fraport den positiven Trend der ersten elf Monate beibehalten hat. Von Januar bis Ende November stieg die Passagierzahl am Heimatstandort Frankfurt um sechs Prozent auf 52,2 Millionen Passagiere. Der November brachte in Frankfurt gegenüber November 2010 ein Plus von 4,3 Prozent auf 4,3 Millionen Passagiere. Alle Flughäfen im Fraport-Konzern zusammen verzeichneten eine Steigerung um 6,4 Prozent auf 6,3 Millionen Fluggäste.
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Leichtes Defizit im Außenhandel
Das Europäische Statistikamt berichtet über die Entwicklung des Außenhandels der Euro-Zone im November. Experten erwarten, dass unter dem Strich ein Handelsbilanz-Defizit von 1,5 Milliarden Euro steht, nach einem Überschuss von 1,1 Milliarden Euro im Monat zuvor.
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USA wollen tausende Soldaten aus Deutschland abziehen
Die USA wollen rund 7.000 Soldaten aus Europa abziehen. Zwei der vier derzeit in Europa stationierten Kampfbrigaden der Bodenstreitkräfte sollten abgezogen werden, kündigte Verteidigungsminister Leon Panetta an.
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Obama fordert 1,2 Billionen Dollar höhere Schuldengrenze
US-Präsident Barack Obama fordert vom Kongress die Anhebung der Schuldenobergrenze. Es ist das dritte und zugleich letzte Ansuchen Obamas dieser Art, das auf ein im Sommer geschlossenes Abkommen zurückgeht.
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American Airlines wird als Übernahmekandidat gehandelt
Die Insolvenz von American Airlines weckt Begehrlichkeiten. Die drittgrößte US-Fluggesellschaft wird in US-Medien mittlerweile als Übernahmekandidat gehandelt. Spekuliert wird ein Kauf durch Delta Air Lines.
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US-Banken droht ein "Jahr zum Vergessen"
Auf amerikanische Investmentbanken kommen schwere Zeiten zu. Das Kapitalmarktgeschäft läuft wegen der Euro-Krise dermaßen schlecht, dass starke Einbußen drohen.
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Schwache Daten bremsen Wall Street
Die Erleichterung über die gelungenen Bond-Auktionen der Euro-Länder Spanien und Italien hat sich an den US-Börsen nur kurz gehalten. Schlechte Arbeitsmarktdaten und Berichte aus dem Einzelhandel belasteten den Handel.
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JP Morgan bleibt wohl profitabelste US-Großbank
Wenn JP Morgan Chase heute die Zahlen für 2011 vorlegt, wird die Bank voraussichtlich den Titel als profitabelste Bank der USA verteidigen können. Analysten erwarten, dass das Institut mit Sitz in New York einen um Einmaleffekte bereinigten Rekordgewinn von 18,5 Mrd. Dollar vorlegen wird. Das entspräche einem Plus von sechs Prozent im Jahresvergleich. Mit Interesse wird insbesondere die Vorlage der Zahlen für das vierte Quartal erwartet, wo sich ein schwächeres Investmentbanking und möglicherweise auch schwächere Handelsergebnisse zeigen könnten. Erwartet wird beim bereinigten Gewinn im vierten Quartal ein Minus von 23 Prozent auf 3,74 Mrd. Dollar oder 90 Cent je Aktie.
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Positive Signale aus Europa beflügeln Aktienmarkt
Dank guter Vorgaben aus den USA und angesichts geringerer Sorgen über die Schuldenkrise in Europa hat die Tokioter Börse vor dem Wochenende fester tendiert. Allerdings wurde vor einer Euphorie gewarnt.
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FÜR SIE GELESEN - HANDELSBLATT PRESSESCHAU
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Die internationale Wirtschaftspresse schaut interessiert auf das Speed-Dating-Fieber der europäischen Staatsoberhäupter. Und ist sich nicht einig über die Rolle, die Deutschland bei der Euro-Krise gebühren sollte.

Zum Jahresbeginn sei bei den Oberhäuptern der drei größten Euro-Zonen-Volkswirtschaften das Speed-Dating ausgebrochen, stellt der britische Economist fest. "Nicolas und Mario. Angela und Nicolas. Mario und Angela." Alle achteten auf ihr Benehmen, und doch seien Anspannungen offensichtlich. "Frau Merkels Hoffnung ist, dass schrittweise Vertrauen aus der gelegten Basis entsteht", glaubt das Blatt.

Angela Merkel solle die Führung aus der Euro-Krise heraus übernehmen, fordert indes der Gastkommentator der Süddeutschen Zeitung, ein ehemaliger US-Diplomat in Deutschland. "Deutschland muss bei ihrer Bewältigung die Führung übernehmen - das Land steht moralisch, historisch und verfassungsrechtlich in der Pflicht." Das habe das wiedervereinigte Deutschland in den vergangenen beiden Jahrzehnten auch akzeptiert.

Einen Plan zur Trennung der Euro-Zone habe es bei der Gründung der Europäischen Währungsunion nicht gegeben, blickt die britische Financial Times zurück. Tatsächlich sprächen Politiker nicht einmal über die Möglichkeit. "Aber der Geist ist aus der Flasche." Wer vorgebe, ein Bruch der Euro-Zone sei nicht möglich, ignoriere die Realität.

Europa sei mitten drin in einer Metamorphose, an deren Ende die Euro-Länder eine Art Superstaat sein werden, ist das Manager Magazin überzeugt. Bis aus dem Europa im Raupenstadium ein Falter schlüpfe, werde es aber lange dauern. "Und wie schön er am Ende sein wird, ist offen". Noch sei die Währungsunion jedenfalls eine kippelige Konstruktion.
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