Roberto Abraham Scaruffi

Thursday, 15 December 2011


DONNERSTAG, 15. DEZEMBER 2011
Guten Morgen Herr Scaruffi,
der Rücktritt von FDP-Generalsekretär Christian Lindner erschüttert die FDP - und die Koalition. Mit diesen Liberalen ist derzeit kein Staat zu machen. Philipp Rösler ist wahrlich kein unrechter Kerl, er ist sogar ein höchst liebenswerter Politiker, aber mit dem Dreifachtitel Wirtschaftsminister, Vizekanzler und FDP-Chef hat er sich verhoben. Gravitas lässt sich nicht lernen. "Rösler war eine Fehlentscheidung", sagt auch der Wahlforscher Manfred Güllner im Interview mit unserer Berliner Korrespondentin Heike Anger. Unter der Überschrift "Die verwirrte Partei" habe ich einen Nachruf verfasst - nicht auf den Liberalismus, wohl aber auf die Regierungspartei FDP.

Während Konkurrent Thomas Cook ums Überleben kämpft, verdient Tui-Chef Michael Frenzel auch in der Krise Geld. Den Gewinn konnte er im Geschäftsjahr 2010/11 sogar steigern. Ihm kommt die neue Gelassenheit im Lande sehr zu passé. Die Deutschen leben derzeit nach dem sinnenfrohen Motto: Krise. Schulden. Urlaub.

Kanzlerin Angela Merkel bezeichnete die Beschlüsse des EU-Gipfels zur Reform der Euro-Zone gestern im Bundestag als "wichtige Weichenstellung". Die Konstruktionsfehler der Währungsunion würden behoben. Doch die Märkte misstrauen ihr. Der Euro fiel erstmals seit Januar unter die Marke von 1,30 Dollar. Nach den vielen Gipfeln und der Inflation der Versprechungen wollen Fondsmanager, Bankchefs und Versicherungsbosse Taten sehen.

Unser Kommentator Josef Joffe jedenfalls warnt vor dem Herdentrieb der Finanzmarktprofis. Die Großmogule der Finanzindustrie sollten den Augenarzt aufsuchen und endlich Länderbilanzen lesen lernen, schreibt er. Auch ich misstraue der Schwarmintelligenz; und zwar seitdem ich weiß, dass die Fischschwärme vor der ölverseuchten Küste des Golf von Mexiko schnurgerade in den Ölteppich schwammen.

Unser Korrespondent im Silicon Valley, Axel Postinett, hat für die heutige Ausgabe eine Wahnsinnsgeschichte aufgeschrieben. Sie handelt von Microsoft-Mitgründer Paul Allen, der einer der reichsten und einer der tollkühnsten Männer der Welt ist. Jetzt baut er an einer fliegenden Raketenstartrampe. Das gute Stück soll eine Flügelspannweite von 116 Metern und ein Gewicht von 544 Tonnen besitzen. Dieses Projekt wird Paul Allen unsterblich oder lächerlich machen.

Bei Opel ist der Wurm drin - und das nicht erst seit gestern. Der Autohersteller kann sein groß beworbenes Elektroauto Ampera vorerst wegen Problemen mit der Batterie nicht ausliefern. Sie hatte bei dem Schwestermodell Chevrolet Volt bei Crashtests in den USA Feuer gefangen. Fast wünscht man der Firma die Zeit von Manta und Fuchsschwanz zurück. Die Autos der damaligen Zeit waren zwar prollig, aber feuerfest.

Gestern Abend waren über 300 Handelsblatt-Abonnenten zum Auftakt unserer diesjährigen Korrespondententagung in Düsseldorf. Die Auslandskorrespondenten aus Italien, Griechenland, Russland, Japan, China, Kanada, den USA und unser Kriegs- und Krisenreporter Mathias Brüggmann berichteten live von ihren Einsatzorten. Ich bedanke mich im Namen aller Kollegen bei unseren Gästen für ihr Kommen, ihre Neugier und nicht zuletzt für das spürbare Wohlwollen gegenüber unserer Zeitung. Das ist für unsere Arbeit im Jahr 2012 ein großer, ja ein unschätzbarer Ansporn. Wer möchte, kann Bilder und Texte des Abends im traditionsreichen Düsseldorfer Ständehaus ab heute Nachmittag auf unserer Facebook-Seite besichtigen.

Ich wünsche Ihnen einen gelungenen Tagesbeginn. Es grüßt Sie auf das Herzlichste Ihr

Gabor Steingart
Chefredakteur
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Die verwirrte Partei
Der Rücktritt von FDP-Generalsekretär Christian Lindner erschüttert die FDP. Zurück bleibt eine Partei, die das Land schon deshalb nicht führen kann, weil sie nach sich selbst sucht. Ein Nachruf auf die Regierungspartei FDP.

Reiselust beschert Tui Gewinn
Während Konkurrent Thomas Cook ums Überleben kämpft, verdient Tui-Chef Frenzel auch in der Krise Geld. Jetzt plant der Dax-Konzern eine Expansion in Asien.

Zweifel an EU-Beschlüssen bringen den Euro unter Druck
Die Märkte misstrauen der Reform der Euro-Zone. Der Euro fiel erstmals seit Januar unter die Marke von 1,30 Dollar.

Deutsche Solarfirmen am Abgrund
Solon ist pleite. Experten erwarten, dass weitere Hersteller die nächsten Jahre nicht überleben werden.

Lufthansa wird zum Billiganbieter
Die Fluggesellschaft teilt sich künftig die Kurzstrecke mit Germanwings. Der Primus wird im Heimatmarkt damit selbst zum Billiganbieter.

Rettungsfonds rettet nur Freiwillige
Der neue Soffin darf angeschlagene Banken nun doch nicht zwangsweise kapitalisieren.

Neuer Imageschaden für Opel
Der Autohersteller kann sein groß beworbenes Elektroauto Ampera vorerst wegen Problemen mit der Batterie nicht ausliefern. Sie hatte bei dem Schwestermodell Chevrolet Volt bei Crashtests in den USA Feuer gefangen.

Microsoft-Gründer plant Riesenflieger
Paul Allen will eine fliegende Raketenstartrampe bauen lassen - und damit unsterblich werden.

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Fitch watscht fünf europäische Banken ab
Das große Zittern unter europäischen Banken geht weiter: Einige haben bereits schlechtere Ratings oder Warnungen von zwei der großen Ratingagenturen kassiert. Nun meldet auch Fitch mehrere Herabstufungen.
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Die Favoriten unserer Leser
Commerzbank
Kopper nennt Staatshilfe "Untreue gegenüber dem Steuerzahler"
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Arbeitsmarkt 2012
Bewerber verzweifelt gesucht
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FDP in der Krise
Lindner läutet die Rösler-Dämmerung ein
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Mitfahrgelegenheiten
Traue keinem mit mehr als drei Plätzen
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Devisen
Euro fällt unter 1,30 US-Dollar
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Die Sorgen der Dax-Anleger nehmen zu
Die Staatsschuldenkrise ist nicht gelöst und die Europäer bleiben dabei auf sich allein gestellt. Die Börsenstände dürften ihren Zenit überschritten haben. Am Nachmittag dürfte es besonders spannend werden.
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Fortsetzung oder Einstellung des Verfahrens gegen Rolf Breuer?
Am Landgericht München I wird der Prozess gegen den früheren Vorstands- und Aufsichtsratschef der Deutschen Bank, Rolf Breuer, wegen des Vorwurfs des Prozessbetrugs fortgesetzt. Allerdings hat der vorsitzende Richter gestern angeregt, das Verfahren gegen eine Geldauflage einzustellen. Richter Anton Winkler reagierte damit auf eine Reihe von Zeugenaussagen, die zumindest Zweifel an der Auffassung der Staatsanwaltschaft schürten, Breuer habe in einem Zivilprozess des mittlerweile verstorbenen Medienunternehmers Leo Kirch gegen die Deutsche Bank gelogen. Auf eine Einstellung des Verfahrens müssten sich alle Beteiligten einigen. Für Breuer wäre dies allerdings nur ein Freispruch "zweiter Klasse".

Frühere Ferrostaal-Manager vor Gericht
Zwei frühere Manager des Industriedienstleisters Ferrostaal müssen sich von heute an vor dem Landgericht München wegen der Schmiergeldaffäre bei dem Konzern verantworten. Die Staatsanwaltschaft wirft dem ehemaligen Vorstand und einem früheren Prokuristen des Essener Unternehmens vor, in Griechenland und Portugal Bestechungsgelder gezahlt zu haben, um den Verkauf von U-Booten in den Ländern anzuschieben. Ferrostaal hatte der Staatsanwaltschaft München bereits seine Bereitschaft erklärt, ein Bußgeld über 149 Millionen Euro zu zahlen. Dies könnte in dem nun beginnenden Verfahren abgesegnet werden.
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Inflationsrate der Euro-Zone verharrt bei drei Prozent
Heute wird der endgültige Wert des Verbraucherpreisanstiegs in der Euro-Zone für November veröffentlicht. Es ist davon auszugehen, dass die Inflationsrate bei 3,0 Prozent verharrt.

Schwäche im britischen Einzelhandel
Britische Konsumenten sind offenbar nicht in Kauflaune. Analysten erwarten, dass die Einzelhandelsumsätze in Großbritannien im November im Vergleich zum Vorjahr lediglich um 0,3 Prozent gestiegen sind. Im Vormonatsvergleich erwarten sie sogar ein Minus von 0,3 Prozent.

EU-Kommission stellt "Energiefahrplan 2050" vor
EU-Energiekommissar Günther Oettinger stellt Pläne für die Energieversorgung Europas bis zum Jahr 2050 vor. Die angestrebte Umstellung der Produktion auf eine möglichst CO2-arme Herstellung dürfte die Strompreise nach seiner Einschätzung noch fast 20 Jahre lang steigen lassen. Erst nach 2030 rechnet Oettinger dank niedrigerer Kosten, Einsparungen und besserer Technologie mit sinkenden Preisen. Die EU hat sich das Ziel gesetzt, den Ausstoß an klimaschädlichem Kohlendioxid (CO2) bis 2050 um mindestens 80 Prozent im Vergleich zu 1990 senken.

Putin stellt sich Fragen im Staatsfernsehen
Inmitten massiver Proteste gegen Fälschungen bei der russischen Parlamentswahl will Regierungschef Wladimir Putin heute im Staatsfernsehen Bürgerfragen beantworten. Viele Wähler fordern von Russlands starkem Mann eine Reaktion auf die größten Anti-Regierungsdemonstrationen seiner Amtszeit. Es ist Putins zehnte Live-Fernsehsprechstunde dieser Art. Traditionell dauert der "Heiße Draht" mehrere Stunden.
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Euro-Rettung muss wohl ohne Bernanke auskommen
Als ein Hilfsmittel in der Schuldenkrise haben die Politiker des EU-Gipfels verabredet, die Mittel des IWF aufzustocken. Zahlen sollen die Notenbanken. Doch der Chef der US-Notenbank Fed hält davon nicht viel.
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USA erlauben Ölgeschäfte mit Südsudan
Erst im November hat der UN-Sicherheitsrat vor einem Krieg im Sudan gewarnt. Seit der Südsudan unabhängig wurde, dominieren Konflikte mit dem Sudan eine ölreiche Grenzregion. US-Unternehmen dürfen trotzdem dort jetzt investieren.
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EU-Schuldenkrise und Fed ziehen US-Börsen ins Minus
In den USA blieb Europas Staatsschuldenkrise das dominierende Thema. Die Entscheidung der US-Notenbank Fed von Dienstag, die Konjunktur nicht zu stützen, belastete die Kurse immer noch. Die US-Aktienmärkte schlossen den dritten Tag in Folge im Minus.
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Fedex schwächelt
Der US-Logistikkonzern berichtet heute über den Verlauf des zweiten Geschäftsquartals. Analysten gehen davon aus, dass der Konzern bei einem zum Vorjahr praktisch unveränderten Umsatz von 10,6 Milliarden Dollar mit 480 Millionen Dollar unter dem Strich 14 Prozent weniger verdient hat als vor einem Jahr. Auch beim operativen Ergebnis (Ebitda) rechnen Beobachter mit einem Minus von 6,5 Prozent auf 1,3 Milliarden Dollar.

Gutes Schlussquartal für Adobe
Der US-Softwarekonzern, der Zahlen für das Schlussquartal seines laufenden Geschäftsjahres veröffentlicht, hat nach Einschätzung von Analysten sein operatives Ergebnis (Ebitda) gegenüber dem Vorjahreszeitraum um 21 Prozent auf 444 Millionen Dollar verbessert. Auch der Nettogewinn dürfte mit gut 300 Millionen Dollar um zwölf Prozent höher ausfallen. Beim Umsatz erwarten Experten ein Plus von acht Prozent auf etwas mehr als eine Milliarde Dollar.
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Japans Industrie sieht wieder schwarz
Passend zur Jahreszeit verdunkelt sich die Stimmung japanischer Unternehmer: Im vorangegangenen Quartal hatten die Optimisten die Oberhand, jetzt sehen Großunternehmen ihre Zukunft eher pessimistisch.
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Der Nikkei verliert fast zwei Prozent
Die Schuldenkrise in Europa hinterlässt weiterhin Spuren. Die Kurse an der Börse in Tokio fallen kräftig. Die Aktien des skandalgeschüttelten Kameraherstellers Olympus vollführen einen besonders spektakulären Sturzflug.
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FÜR SIE GELESEN - HANDELSBLATT PRESSESCHAU
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Die internationale Presse sieht nach dem Rücktritt von Christian Lindner nicht nur die Existenz der FDP, sondern auch der schwarz-gelben Koalition in Gefahr.

Die Financial Times Deutschland sieht nach dem Rücktritt Lindners als FDP-Generalsekretär den Neuanfang der Partei unter der Führung von Philipp Rösler als gescheitert und bezeichnet die Liberalen als "überflüssig".

Der Economist bewertet Lindners Rücktritt als schlechte Nachricht für Angela Merkels Koalitionsregierung und sogar für den Euro. Auch wenn die Gründe für Lindners Rücktritt weiterhin unklar seien, könnte die Kritik an seinem Verhalten in der parteiinternen Abstimmung über den europäischen Stabilitätsmechanismus der Auslöser gewesen sein. Viele Parteigenossen hätten dem Duo Rösler/Lindner Geringschätzung demokratischer Prozesse vorgeworfen.

Die Süddeutsche Zeitung sieht das Ende der FDP bereits mit dem Rücktritt Lindners gekommen. Das letzte Kapital der Partei sei die Jugend ihrer Führung gewesen. "Sie haben auch dieses Kapital noch verspielt", ätzt das Blatt.

Bestürzung beobachtet Challenges aus Frankreich bei den deutschen Liberalen angesichts des Rücktritts von Generalsekretär Christian Lindner. "Das kam völlig unerwartet und verschärft die Krise des Koalitionspartners CDU unter Angela Merkel."
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