Roberto Abraham Scaruffi

Thursday, 29 March 2012


Donnerstag, 29. März 2012
Guten Morgen,
erfahrene Beobachter des Bertelsmann-Konzerns erlebten gestern ein Déjà-vu: Das Unternehmen aus Gütersloh träumt schon wieder von der Börse. Der neue Vorstandschef Thomas Rabe sagte bei der Vorstellung der Bilanzzahlen, dass sich das beinahe 180-jährige Unternehmen - bisher fest im Besitz der Eigentümerfamilie Mohn - gerne für den Kapitalmarkt öffnen würde. Ex-Vorstandschef Thomas Middelhoff verfolgte derartige Pläne schon vor zehn Jahren - und wurde nach anfänglicher Unterstützung durch die Mohns gefeuert. Rabe hat gelernt: Sein Modell sichert der Familie auch künftig die Mehrheit. Die anderen Aktionäre, so sie denn an Bord kommen, haben eine Stimme, aber nichts zu sagen.

Der Widerstand gegen die Schlecker-Subventionen wächst: Eine gemeinschaftliche Bürgschaft aller Länder zur Finanzierung einer Transfergesellschaft für die insolvente Drogeriemarktkette wird es nicht geben. Auch der Bund hat bereits abgewunken. Baden-Württemberg müsste jetzt die 71 Millionen Euro allein finanzieren. Das kann teuer werden - vor allem am Wahltag. Dann hätten Grüne und SPD zu erklären, warum sie einem Pleitier mit miesen Arbeitsbedingungen und einer Ladenästhetik, gegen die ein DDR-Konsum wie ein Luxustempel wirkt, mit Steuerzahlergeld versorgen wollen.

Deutschland steht vor einem goldenen Jahrzehnt, sagt der Ex-Chef der Wirtschaftsweisen, Bert Rürup. CDU-Politiker Kurt Biedenkopf, zuletzt Regierungschef in Sachsen, widerspricht und erinnert an die demografischen Probleme, die sich nicht wegexportieren lassen. Meine Kollegen Dorit Heß und Sven Afhüppe baten die beiden Kontrahenten auf unser rotes Sofa, das in Frankfurt steht, zum Streitgespräch. Das Ergebnis, das wir auf zwei Doppelseiten präsentieren, spiegelt das wider, was sich in unserem Innersten seit längerem schon abspielt: Optimismus und Realismus kämpfen um die Vorherrschaft.

Die Quoten waren schwächer als der Mann: Nach nur einer Saison beendet der Privatsender Sat.1 die "Harald-Schmidt-Show". Das muss nichts mit Schmidt zu tun haben. Vielleicht sollte man einfach das Publikum austauschen. Womöglich waren die Sat.1-Zuschauer von der Schmidt´schen Wortkunst überfordert. Das ideale Format für Schmidt könnte eine fünfminütige Sendung direkt im Anschluss an die Tagesschau sein. Dann bekämen wir Zuschauer endlich beides: erst die Wirklichkeit und dann die Wahrheit.

Die Deutsche Bahn legt heute ihre Zahlen für das Geschäftsjahr 2011 vor. Bundesverkehrsminister Peter Ramsauer hat vorab eine "sehr gute" Bilanz in Aussicht gestellt. Nach unbestätigten Berichten ist das Konzernergebnis im vergangenen Jahr vor Zinsen und Steuern (Ebit) verglichen mit dem Vorjahr um 24 Prozent auf gut 2,3 Milliarden Euro gestiegen, der Umsatz legte demnach um zehn Prozent auf 37,9 Milliarden Euro zu. Wenn das stimmt, müssten die Steuerzahler dem tüchtigen Bahnchef Rüdiger Grube heute Abend eine Kerze anzünden.

Die Diskussion um den Aufstieg der Piraten bewegt die Leserinnen und Leser unserer Zeitung ganz außerordentlich. Heute meldet sich unser Kolumnist Josef Joffe, im Hauptberuf Publizist und "Zeit"-Herausgeber, zu Wort. In seinem Beitrag bezeichnet er die Neuen als "Kinder des Populismus", um ihnen dann doch einiges abzugewinnen. Zitat aus seinem Text:

"Manche Ideen sind kindisch (Hochschulabschluss für alle), manche hanebüchen (weg mit geistigem Eigentum!). Aber ein Elixier für das konsenssüchtige Kartell der Altparteien sind sie allemal. Die ‚Neue Deutsche Einheitspartei‘ muss agiler und debattierfreudiger werden."

Gestern Abend ging ein Ruck durch den Newsroom unserer Zeitung: Drei Handelsblatt-Redakteure bekamen den renommiertesten Journalistenpreis zugesprochen, den eine deutsche Tageszeitung überhaupt gewinnen kann. Martin Buchenau, Jürgen Flauger und Sönke Iwersen erhalten den Wächterpreis der Tagespresse 2012. Die Stiftung "Freiheit der Presse" zeichnet die hartnäckigen Rechercheure für ihre Berichterstattung über die Geschäfte des ehemaligen Ministerpräsidenten von Baden-Württemberg, Stefan Mappus, aus. Die Autoren hätten "sauber, stringent und nachvollziehbar die mehr als zweifelhaften Umstände des Ankaufs von 45 Prozent des Energieversorgers EnBW durch das Land Baden-Württemberg dargelegt und analysiert", schreibt die Jury. Die Laudatio wird Hans-Dietrich Genscher halten. Selten habe ich unsere gesamte Redaktion so stolz erlebt, wie gestern nach Bekanntgabe des Juryvotums.

Ich wünsche Ihnen einen guten Start in den neuen Tag. Es grüßt Sie herzlich Ihr
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Gabor Steingart
Chefredakteur
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BESCHÄFTIGTEN DROHT KÜNDIGUNG
Keine Last-Minute-Hilfe vom Bund für Schlecker
Retten oder fallen lassen - was passiert mit den Beschäftigten des Pleitekonzerns Schlecker? Baden-Württemberg sucht händeringend nach Partnern für eine Lösung. Doch es sieht schlecht aus. Selbst der Bund winkt ab. Mehr...
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DAX-AUSBLICK
Dax kämpft mit der Marke von 7.000 Punkten
Vorbörslich geht es weiter nach unten. Ein schneller Sprung über 7.000 Punkte ist unwahrscheinlich - es sei denn, die Investoren lassen sich vom Wirtschaftsweisen Bert Rürup und seiner Langfristprognose beeindrucken. Mehr...
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Wall Street pendelt bis zum Schluss ins Minus
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Marktbericht Wall Street
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Opel-Bochum ist in ernsthafter Gefahr
Die Opel-Mitarbeiter in Bochum zittern um ihre Jobs. Dabei würde die Schließung des Werkes zunächst einmal sehr viel Geld kosten. Doch eine Studie zeigt: Sie rechnet sich in weniger als drei Jahren. Mehr...
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Generalstreik-Drohung erzwingt lange Verhandlung
Ein Durchbruch steht bei den Tarifverhandlungen im öffentlichen Dienst noch aus, die Verhandlungen gehen heute weiter. Ohne Einigung könnte Verdi das Land tagelang lahmlegen - nicht nur die Flughäfen. Mehr...
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TERMINE DES TAGES
Geht die Arbeitslosigkeit wieder zurück?
Heute werden Daten zur Entwicklung der Beschäftigungslage im März veröffentlicht. Experten gehen davon aus, dass die Zahl der Arbeitslosen leicht gefallen ist. Die Arbeitslosenquote sehen sie bei 6,8 Prozent verharren.

Bundestag beginnt mit Beratungen über Fiskalpakt und ESM
Der Bundestag beginnt mit den Beratungen über den europäischen Fiskalpakt für mehr Haushaltsdisziplin. In das Plenum eingebracht wird auch der Gesetzentwurf der Koalition zum dauerhaften Euro-Rettungsschirm ESM. Nach dem Willen von Union und FDP sollen beide Gesetzentwürfe zusammen noch vor der Sommerpause endgültig verabschiedet werden. SPD und Grüne dringen jedoch beim Fiskalpakt auf eine spätere Abstimmung. Hier ist Schwarz-Gelb auf die Stimmen der Opposition angewiesen, da in Bundestag und Bundesrat eine Zweidrittelmehrheit erforderlich ist.

Bahn legt Bilanz und neue Strategie vor
Die Deutsche Bahn berichtet heute über das Geschäftsjahr 2011. Bundesverkehrsminister Peter Ramsauer (CSU) hat vorab eine "sehr gute" Bilanz in Aussicht gestellt. Außerdem will der bundeseigene Konzern eine neue Strategie bis zum Jahr 2020 vorstellen. Dabei gehe es um wirtschaftliche und ökologische Veränderungen sowie um eine neue Personalpolitik, kündigte der Aufsichtsrat an.

Probleme in Ungarn belasten BayernLB
Die BayernLB legt nach einem turbulenten Jahr ihre Zahlen auf den Tisch. In ihrem Kerngeschäft ist die Bank nach radikalen Einsparungen inzwischen gut vorangekommen, verhagelt wird die Bilanz aber durch Probleme mit der ungarischen Banktochter MKB. Wegen neuer Gesetzesvorschriften in Ungarn musste die BayernLB hohe Abschreibungen auf die MKB vornehmen. Dadurch kann es zu einem Verlust kommen, wie die Bank bereits vor Wochen gewarnt hatte.
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SCHULDENKRISE
Troika sieht Griechenland trotz Hilfen als Risiko
2012 bringt die Entscheidung für Griechenland - das meint jedenfalls der EU-Vertreter der Troika. Ob das hoch verschuldete Land die Hilfspakete jemals wird zurückzahlen können, hänge von zwei Dingen ab. Mehr...
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FACEBOOK-BÖRSENGANG
Patentstreit könnte frühen Termin überschatten
Der größte Internet-Börsengang aller Zeiten steht offenbar kurz bevor: Facebook plant nach Medienberichten, noch im Mai Anteile auszugeben. Derweil droht dem sozialen Netzwerk Unheil vor Gericht. Mehr...
STRAUSS-KAHN
Abweisung der US-Klage scheitert zunächst
Vor einem New Yorker Gericht forderte der Anwalt von Dominique Strauss-Kahn die Einstellung des US-Zivilverfahrens wegen versuchter Vergewaltigung. Doch die Argumente waren zu dünn. Mehr...
ANDROID-PATENTSTREIT
Google baut Oracle eine Brücke
Google und Oracle streiten darüber, wer welche Teile des Smartphone-Betriebssystems Android erfunden hat. Nun macht Google mit einem Versöhnungsangebot einen Schritt auf Oracle zu - doch es gibt gleich wieder neue Probleme. Mehr...
USA IM LOTTOFIEBER
Der 500-Millionen-Jackpot
Die US-Lotteriegesellschaft Mega Millions hat ihren Jackpot auf einen Rekordwert angehoben. Knackt ihn bei der Ziehung am Freitag niemand, wird er abermals erhöht. Daraus könnte sich ein Problem entwickeln. Mehr...
TERMINE DES TAGES
Arabische Liga berät auf Gipfeltreffen über Syrien
Die Arabische Liga kommt zu ihrem ersten Gipfel seit Beginn des Arabischen Frühlings zusammen. In Iraks Hauptstadt Bagdad wollen die Staats- und Regierungschefs unter massiven Sicherheitsvorkehrungen über die Krise in Syrien, den Nahost-Konflikt sowie über den Versöhnungsprozess im Jemen beraten. Ein härteres Vorgehen gegen das syrische Regime von Präsident Baschar al-Assad wird nicht erwartet. So sprach sich erst am Mittwoch Gastgeber Irak gegen jede ausländische Einmischung in der Krise aus.

Gipfeltreffen der BRICS-Staaten in Indien
Die Staats- und Regierungschefs der aufstrebenden BRICS-Staaten Brasilien, Russland, Indien, China und Südafrika treffen sich heute in Neu Delhi zu einem Gipfeltreffen. Bei den eintägigen Gesprächen steht die wirtschaftliche Zusammenarbeit im Mittelpunkt. So soll unter anderem über die Gründung einer gemeinsamen Entwicklungsbank als Alternative zum Internationalen Währungsfonds und zur Weltbank beraten werden. Zudem sind Vereinbarungen geplant, die den Handel innerhalb des BRICS-Verbundes erleichtern sollen.
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WORTE DES TAGES

"65 Prozent sind Linksparteien. Wenn man die CDU richtig einordnet, eigentlich 100
Prozent."
Rainer Brüderle,
FDP Fraktionsvorsitzender, mit Bezug auf die saarländische Landtagswahl

"Manchmal ist es ganz gut, wenn man nur Bankchef und nicht Politiker ist."
Ulrich Schröder,
Vorstandsvorsitzender der KfW, zur Frage, ob er den Kredit für Schlecker befürwortet