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Guten Morgen Herr Scaruffi,
kennen Sie die wirtschafts- oder
finanzpolitischen Sprecher der Opposition im Bundestag? Wozu auch! Die
gefährlichsten Gegenspieler der Regierungen sitzen nicht mehr in den
Parlamenten, sondern im Finanzdistrikt. Die Oppositionsparteien wurden im
Zeitalter der Staatschuldenkrise verzwergt, die Rolle des großen Gegenspielers
ist übergegangen auf Ratingagenturen und Großbanken. Sie klagen an
und zwingen zur Korrektur, sie treiben die Regierungen - zuletzt die in
Griechenland und Italien - in den Rücktritt. In Europa hat das Primat der
Ökonomie das Primat der Politik abgelöst. Unsere Titelgeschichte "Die neue
außerparlamentarische Opposition. Wie Großbanken, Hedge-Fonds und
Ratingagenturen den Schulden-Politikern einheizen" analysiert und diskutiert
die dadurch entstandene Lage.
Es war den Aktionären anders versprochen:
Doch der Industriekonzern Thyssen-Krupp bekommt seine Probleme im
brasilianischen Stahlwerk nicht in den Griff. Das Großprojekt hat sich zum
Milliardengrab entwickelt - und das ist nicht die Schuld der Brasilianer.
Unsere Exklusivgeschichte "Missmanagement bei Thyssen-Krupp" erzählt die
Geschichte von Managern, die besonders günstig (in China) einkauften, und nun
vieles neu (aus Deutschland) installieren müssen. Es gilt die alte Weisheit:
Wer billig kauft, kauft zweimal.
Heute "feiern" wir zehn Jahre
Pisa-Schock, wobei der Champagner bei dieser Feier im Kühlschrank
bleiben sollte. Unsere Handelsblatt-Analyse - die wir auf einer Doppelseite vor
Ihnen ausbreiten - kommt zu dem Ergebnis: Die deutschen Schulen sind besser
geworden, aber nicht gut. Wenn man die Ergebnisse Fach für Fach durch
schaut, stellt man fest, dass wir in den Naturwissenschaften, in der Mathematik,
beim Lesen, und - besonders dramatisch - bei der Spitzenbildung, weiter
hinter Ländern wie Korea, Finnland, Japan, Kanada, Irland und Australien liegen.
Oder um es zugespitzt zu sagen: Unsere Autos sind deutlich besser als unsere
Schulen. Wären die Schulen ein Auto, würden Sie Kia, Lancia oder Skoda
heißen.
Wissen Sie was "Spiel schön" auf Dänisch heißt? Leg godt, oder
zusammengefasst: Lego. Der dänische Spielwarenkonzern - die Nummer drei
weltweit - hat als neue Zielgruppe Sie und mich entdeckt, die
Erwachsenen. Unser Skandinavien-Korrespondent Helmut Steuer war vor Ort
am Stammsitz der Firma in Billund und hat sich die Erwachsenen-Kollektion
angeschaut. Der Renner ist ein VW-Bus aus den 70ern, dessen 1.322 Teile
sich laut Lego-Management in zwölf Stunden zusammenbauen lassen. Für irgendwas
muss ja die Arbeitszeitverkürzung der letzten 20 Jahre gut gewesen sein.
Die Meinungen unserer Kommentatoren über die Europapolitik von
Angela Merkel gehen weit auseinander. Gestern wünschte sich Josef
Joffe in einer Welt der Populisten, Blender und Stümper
mehr Merkels, also mehr Politiker, die beharrlich aber langsam die Titanic
zwischen den Eisbergen hindurch navigieren. Heute fordert der französische
Publizist Alfred Grosser mehr Tempo und mehr Führung von den
Deutschen, auch wenn das einmal mehr bedeuten sollte "L'Allemagne paiera",
Deutschland wird zahlen. Schwer zu entscheiden, wer Recht hat. Klar scheint nur:
Joffes Position ist für uns billiger.
Die Kanzlerin selbst wird
heute in einer Regierungserklärung ihren Fahrplan für den EU-Gipfel in
der nächsten Woche erläutern. Handelblatt Online wird live
berichten. Fühlen Sie sich ermuntert, sich auf unserer Webseite oder auf unserer Facebook-Seite an der Debatte zu
beteiligen. Ihre Stimme wird gehört. Die Webseite erfreut sich wachsender
Begeisterung in der Leserschaft. Seit mein Kollege Oliver Stock die
Online-Ausgabe unserer Zeitung führt, sind wir das am schnellsten wachsende
Nachrichtenportal in Deutschland. Dafür danke ich ihm - und
Ihnen.
Wer in München wohnt und heute Vormittag Langeweile verspürt, sei
an die Daily-Soap erinnert, die im Landgericht München I stattfindet. Dort
beginnt jetzt gleich die neue Staffel im Strafprozess gegen
Ex-Deutsche-Bank-Chef Rolf Breuer. Es geht um Lügen (angeblich
Breuer) und um Befangenheit (angeblich die Richter) - und um die
verlorenen Milliarden des Leo Kirch geht es auch. Zumindest das ist
gesichert: Sie sind weg.
Ich wünsche Ihnen einen geglückten Start
in den neuen Tag. Herzlichst Ihr
Gabor Steingart Chefredakteur
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