Roberto Abraham Scaruffi

Friday, 2 December 2011


FREITAG, 02. DEZEMBER 2011
Guten Morgen Herr Scaruffi,
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kennen Sie die wirtschafts- oder finanzpolitischen Sprecher der Opposition im Bundestag? Wozu auch! Die gefährlichsten Gegenspieler der Regierungen sitzen nicht mehr in den Parlamenten, sondern im Finanzdistrikt. Die Oppositionsparteien wurden im Zeitalter der Staatschuldenkrise verzwergt, die Rolle des großen Gegenspielers ist übergegangen auf Ratingagenturen und Großbanken. Sie klagen an und zwingen zur Korrektur, sie treiben die Regierungen - zuletzt die in Griechenland und Italien - in den Rücktritt. In Europa hat das Primat der Ökonomie das Primat der Politik abgelöst. Unsere Titelgeschichte "Die neue außerparlamentarische Opposition. Wie Großbanken, Hedge-Fonds und Ratingagenturen den Schulden-Politikern einheizen" analysiert und diskutiert die dadurch entstandene Lage.

Es war den Aktionären anders versprochen: Doch der Industriekonzern Thyssen-Krupp bekommt seine Probleme im brasilianischen Stahlwerk nicht in den Griff. Das Großprojekt hat sich zum Milliardengrab entwickelt - und das ist nicht die Schuld der Brasilianer. Unsere Exklusivgeschichte "Missmanagement bei Thyssen-Krupp" erzählt die Geschichte von Managern, die besonders günstig (in China) einkauften, und nun vieles neu (aus Deutschland) installieren müssen. Es gilt die alte Weisheit: Wer billig kauft, kauft zweimal.

Heute "feiern" wir zehn Jahre Pisa-Schock, wobei der Champagner bei dieser Feier im Kühlschrank bleiben sollte. Unsere Handelsblatt-Analyse - die wir auf einer Doppelseite vor Ihnen ausbreiten - kommt zu dem Ergebnis: Die deutschen Schulen sind besser geworden, aber nicht gut. Wenn man die Ergebnisse Fach für Fach durch schaut, stellt man fest, dass wir in den Naturwissenschaften, in der Mathematik, beim Lesen, und - besonders dramatisch - bei der Spitzenbildung, weiter hinter Ländern wie Korea, Finnland, Japan, Kanada, Irland und Australien liegen. Oder um es zugespitzt zu sagen: Unsere Autos sind deutlich besser als unsere Schulen. Wären die Schulen ein Auto, würden Sie Kia, Lancia oder Skoda heißen.

Wissen Sie was "Spiel schön" auf Dänisch heißt? Leg godt, oder zusammengefasst: Lego. Der dänische Spielwarenkonzern - die Nummer drei weltweit - hat als neue Zielgruppe Sie und mich entdeckt, die Erwachsenen. Unser Skandinavien-Korrespondent Helmut Steuer war vor Ort am Stammsitz der Firma in Billund und hat sich die Erwachsenen-Kollektion angeschaut. Der Renner ist ein VW-Bus aus den 70ern, dessen 1.322 Teile sich laut Lego-Management in zwölf Stunden zusammenbauen lassen. Für irgendwas muss ja die Arbeitszeitverkürzung der letzten 20 Jahre gut gewesen sein.

Die Meinungen unserer Kommentatoren über die Europapolitik von Angela Merkel gehen weit auseinander. Gestern wünschte sich Josef Joffe in einer Welt der Populisten, Blender und Stümper mehr Merkels, also mehr Politiker, die beharrlich aber langsam die Titanic zwischen den Eisbergen hindurch navigieren. Heute fordert der französische Publizist Alfred Grosser mehr Tempo und mehr Führung von den Deutschen, auch wenn das einmal mehr bedeuten sollte "L'Allemagne paiera", Deutschland wird zahlen. Schwer zu entscheiden, wer Recht hat. Klar scheint nur: Joffes Position ist für uns billiger.

Die Kanzlerin selbst wird heute in einer Regierungserklärung ihren Fahrplan für den EU-Gipfel in der nächsten Woche erläutern. Handelblatt Online wird live berichten. Fühlen Sie sich ermuntert, sich auf unserer Webseite oder auf unserer Facebook-Seite an der Debatte zu beteiligen. Ihre Stimme wird gehört. Die Webseite erfreut sich wachsender Begeisterung in der Leserschaft. Seit mein Kollege Oliver Stock die Online-Ausgabe unserer Zeitung führt, sind wir das am schnellsten wachsende Nachrichtenportal in Deutschland. Dafür danke ich ihm - und Ihnen.

Wer in München wohnt und heute Vormittag Langeweile verspürt, sei an die Daily-Soap erinnert, die im Landgericht München I stattfindet. Dort beginnt jetzt gleich die neue Staffel im Strafprozess gegen Ex-Deutsche-Bank-Chef Rolf Breuer. Es geht um Lügen (angeblich Breuer) und um Befangenheit (angeblich die Richter) - und um die verlorenen Milliarden des Leo Kirch geht es auch. Zumindest das ist gesichert: Sie sind weg.

Ich wünsche Ihnen einen geglückten Start in den neuen Tag. Herzlichst Ihr

Gabor Steingart
Chefredakteur
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Top-Thema: Die neue außerparlamentarische Opposition
Die gefährlichsten Gegenspieler der Regierungen sitzen nicht in den Parlamenten, sondern im Finanzdistrikt. Die Rolle der Opposition ist übergegangen auf Ratingagenturen und Großbanken, die nun schonungslos ihre Prinzipien durchsetzen. Die Finanzindustrie zwingt Regierungen zum Sparen und - wie in Italien und Griechenland - auch zum Rücktritt. In Europa hat das Primat der Ökonomie das Primat der Politik abgelöst. Wie Großbanken, Hedge-Fonds und Ratingagenturen den Schulden-Politikern einheizen.

Missmanagement bei Thyssen-Krupp
Allen Beteuerungen zum Trotz: Der Industriekonzern bekommt seine Probleme im brasilianischen Stahlwerk nicht in den Griff. Das Großprojekt hat sich zum Milliardengrab entwickelt. Kostensteigerungen und Verzögerungen beim Bau lähmen das Unternehmen. Jetzt zieht Thyssen-Krupp personelle Konsequenzen.

Draghi drängt Europas Politiker zum Handeln
EZB-Präsident Mario Draghi fordert einen glaubwürdigen Fiskalpakt für die Währungsunion und stellt Unterstützung in Aussicht.

Neue Serie: Der globale Manager
In einer zehnteiligen Serie analysiert das Handelsblatt die Herausforderungen für Manager durch die Globalisierung.

Der Westen erhöht den Druck auf Iran
Das Land soll Anschläge auf das US-Militär in Deutschland geplant haben. Die EU beschließt Sanktionen.

Zehn Jahre nach dem Pisa-Schock
Die deutschen Schüler sind besser geworden - aber nicht gut. Die Schulen sind weiter unselbstständig.

Mercedes startet Aufholjagd
Der Stuttgarter Autohersteller produziert im Vergleich zu den Konkurrenten Audi und BMW teuer - jetzt kappt er die Kosten.

Lauschangriff in den USA
Ein Schnüffelprogramm soll alle Aktivitäten der Handynutzer registrieren - ein neuer Datenskandal bahnt sich an.

Lego entdeckt das Kind im Manne
Mit Hilfe einer neuen Zielgruppe will der dänische Spielwarenhersteller seinen Marktanteil in Deutschland auf 15 Prozent steigern.

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"Die Wirklichkeit wird bald eine andere sein"
Deutschland und Frankreich feilen an neuen Plänen zur Euro-Rettung. In einer Regierungserklärung wird Merkel heute skizzieren, wie die Krise gelöst werden soll. Die CSU befürchtet schon das "Überschreiten roter Linien".
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Wirtschaftsforscher
"Ich gebe dem Euro noch drei bis sechs Monate"
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Abercrombie & Fitch flüchtet nach Düsseldorf
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Ökonomen-Warnung
"Tickende Zeitbomben" bedrohen die Euro-Rettung
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Spionagesoftware
US-Mobilfunkskandal weitet sich aus
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Markit-Umfrage
Euro-Industrie immer tiefer im Abwärtsstrudel
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Positiver Dax-Start erwartet
Nach der kleinen Verschnaufpause vom Donnerstag dürfte der Dax zum Börsenstart wieder Boden gut machen. Experten rechnen mit einem Kursplus von 0,5 Prozent. Im Fokus der Anleger dürften vor allem Autowerte stehen.
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Merkel erläutert Fahrplan für EU-Gipfel
Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) will in einer Regierungserklärung im Bundestag ihren Fahrplan für den EU-Gipfel in der nächsten Woche erläutern. Dabei geht es vor allem um die von ihr und Frankreichs Staatspräsident Nicolas Sarkozy angestrebte Verschärfung der Stabilitätskriterien in den EU-Verträgen. Die Finanzpolitik der Mitgliedstaaten soll besser kontrolliert und eine zu hohe Verschuldung verhindert werden. Wie dies genau geschehen soll ist, noch unklar.

Breuer-Prozess wird fortgesetzt
Vor dem Landgericht München I geht der Strafprozess gegen Ex-Deutsche-Bank-Chef Rolf Breuer weiter. Zunächst dürfte das Gericht über eine Besetzungsrüge von Breuers Verteidigern sprechen. Diese hatten unmittelbar nach der Verlesung der Anklage am vergangenen Donnerstag die Besetzung der Kammer mit nur zwei statt drei Berufsrichtern kritisiert. Schon die Anklageverlesung hatte sich nach einem Befangenheitsantrag gegen den Vorsitzenden Richter Anton Winkler um Stunden verzögert. Die Staatsanwaltschaft wirft Breuer vor, vor acht Jahren in einem der vielen Zivilverfahren um die Milliardenpleite von Leo Kirch gelogen zu haben. Breuer hatte die Vorwürfe stets zurückgewiesen.

Präsident Karsai vor Afghanistan-Konferenz in Bonn erwartet
Drei Tage vor der internationalen Afghanistan-Konferenz wird am Nachmittag der afghanische Präsident Hamid Karsai in Bonn erwartet. Karsai ist offiziell Vorsitzender der Tagung, bei der die Weichen für die Zukunft Afghanistans nach dem Ende des Nato-Kampfeinsatzes 2014 gestellt werden sollen. Delegationen aus 85 Ländern und von 16 internationalen Organisationen werden am Montag in Bonn beraten. Dabei geht es um die Übergabe der Sicherheitsverantwortung an die Afghanen, die Bemühungen um Friedensgespräche mit den radikal-islamischen Taliban, die wirtschaftliche Entwicklung des Landes und die Stabilisierung der gesamten Region.
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Erzeugerpreise steigen kräftig
Die Erzeugerpreise in der Euro-Zone sind nach Einschätzung von Analysten im Oktober weiter kräftig gestiegen. Die Experten rechnen mit einem Preisanstieg von 5,5 Prozent im Vergleich zum Oktober 2010 oder von 0,2 Prozent zum Vormonat. Im September hatte der Preisanstieg allerdings noch 5,8 Prozent betragen.
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AT&T und Sprint bestätigen Einsatz von Schnüffelsoftware
Flucht nach vorne: Die US-Mobilfunkprovider AT&T und Sprint haben den Einsatz der Schnüffelsoftware Carrier IQ bestätigt. Sie beteuern, dies nur im Sinne der Kunden getan zu haben. Doch der Fall wirft Fragen auf.
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Staatsanwältin zerrt US-Großbanken vor Gericht
Einmal mehr holt die Immobilienkrise die US-Banken ein. Jetzt hat eine Staatsanwältin aus Massachusetts Anklage gegen die größten Geldinstitute erhoben. Es geht um Milliarden Dollar.
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Google wird zum Versandhändler
Google weitet sein Geschäftsfeld immer weiter aus: Angeblich plant der Internetkonzern nun auch einen günstigen Lieferservice für online bestellte Waren. Das wäre ein Frontalangriff auf Amazon.
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Amerikaner kaufen mehr Autos
Die Erholung des US-Automarkts geht weiter. Den sechsten Monat in Folge haben sich die Absatzzahlen der Hersteller verbessert. Absoluter Gewinner ist die Daimler-Tocher Mercedes Benz: Ihr Absatz stieg um 55 Prozent.
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Anleger an der Wall Street bleiben verhalten
Nach den satten Gewinnen am Vortag hat die Wall Street gestern eine Verschnaufpause eingelegt. Zwar gewann die US-Industrie weiter an Fahrt, doch die überraschend guten Zahlen lockten die Anleger nicht aus der Reserve.
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Arbeitsmarkt bleibt schwach
Experten gehen davon aus, dass die Arbeitslosenquote in den USA im November bei 9,0 Prozent verharrte. In den vergangenen sechs Monaten wurden im Schnitt nur 90.000 Stellen neu geschaffen. Um die Arbeitslosenquote wenigstens stabil zu halten, werden nach aktuellen Berechnungen aber 125.000 neue Jobs im Monat benötigt.
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Chinas Häusermarkt bricht ein
Lange kannten sie nur den Trend nach oben, doch jetzt sinken erstmal die Preise für städtische Immobilien in China. Hoffnungsvolle Privatanleger wurden kalt erwischt. Auch die Konjunktur dürfte leiden.
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Tokioter Börse legt leicht zu
Der japanische Aktienmarkt hat sich gut behauptet. Der Nikkei kann leichte Gewinne verzeichen, der Topix legt ebenfalls zu. Doch es gab auch Verlierer.
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FÜR SIE GELESEN - HANDELSBLATT PRESSESCHAU
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Die internationale Wirtschaftspresse wägt die Chancen des Euro ab.

Tief einatmen - bittet die britische Financial Times ihre Leser. "Hier ist eine gewagte Behauptung: Europa ist dabei, den Euro zu retten." Alles drauf zu wetten, dazu rät die FT noch nicht. "Europäische Führer haben Talent gezeigt, Dinge zu versemmeln." Aber diesmal könnten sie es immerhin hinbekommen.

Euro-optimistisch ist auch die Wirtschaftswoche. Der Euro werde überleben. An der Zuspitzung der Schuldenkrise ändere die Liquiditätsspritze der EZB aber erst einmal nichts. Die Banken des Euro-Raums legten immer mehr Geld bei der Europäischen Zentralbank an, weil sie sich untereinander nicht mehr vertrauen.

Alles hänge an Angela Merkel, glaubt das US-Wirtschaftsmagazin Forbes. Ob sie die Fehler der Vergangenheit wiederhole. "Seit den frühen 30ern habe keine demokratische Regierung solche schweren wirtschaftlichen Fehlkalkulationen gemacht, wie Merkels heutige Regierung."
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