Roberto Abraham Scaruffi

Friday, 9 December 2011


FREITAG, 09. DEZEMBER 2011
Guten Morgen Herr Scaruffi,
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die Schuldenkrise lähmt die Börsen in den Industriestaaten. Wer vor zehn Jahren auf Europa gesetzt hat und sich einen Aktienkorb mit den hiesigen Börsen-Schwergewichten gekauft hat, hat heute einen Verlust von 30 Prozent zu verkraften. Dabei müssten die Aktien europäischer Konzerne, gemessen an den gestiegenen Unternehmensgewinnen, eigentlich 50 Prozent höher notieren als damals. Könnte, müsste, würde - also schauen alle gebannt auf die Schwellenländer. Dort wachsen die Unternehmen, als habe man ihnen Siebenmeilenstiefel angezogen. Unsere Wochenend-Ausgabe bietet auf 14 Sonderseiten Navigationshilfe beim Ausflug zu den Gewinnmaschinen in Übersee. Die Überschrift lautet "Reisen bildet. Zum Beispiel Kapital".

Noch nie war das Geldleihen in Europa billiger als heute. Die Europäische Zentralbank senkte gestern den Leitzins auf ein Prozent. Und: Die Banken können sich gegen nur geringe Sicherheiten für drei Jahre mit Euro-Noten in unbegrenzter Höhe versorgen. Es regnet also Geld über Europa, was uns derzeit hilft, den Geldkreislauf in Gang zu halten. Die schlechte Nachricht: Irgendwann wird dieser Geldregen unseren Geldwert aufschwemmen. Der Euro wird so zwar gerettet, aber inflationiert.

Mit Geld allein wird Europa allerdings nicht gerettet. Ein neuer EU-Vertrag muss her, in dem sich alle 17 Euro-Staaten verpflichten, das Wort "Schlendrian" aus ihrem Wörterbuch zu streichen. Ausgerechnet der britische Premier David Cameron ließ heute Nacht eine Änderung des EU-Vertrages scheitern. Merkel und Sarkozy wollen jetzt ohne ihn in Europa weitermarschieren. Das ist schmerzhaft, aber konsequent. Wahrscheinlich muss Europa schrumpfen, damit es überleben kann.

Italienische Linksextremisten bekennen sich zu dem Anschlagsversuch auf den Deutsche-Bank-Chef Josef Ackermann, der Gott sei Dank vereitelt wurde. Die größten Boni in der Bank haben in diesem Jahr nicht die Investmentbanker, sondern die aufmerksamen Männer und Frauen in der Poststelle verdient.

Der Stresstest sorgt für weiteren Stress. Denn die größten europäischen Geldinstitute weisen nach dem Belastungstest der Bankenaufsichtsbehörde Eba eine Kapitallücke von knapp 115 Milliarden Euro aus. Mit 5,3 Milliarden Euro fehlt der Commerzbank unter den deutschen Instituten der größte Batzen. Vorstandschef Martin Blessing sammelt derzeit Kapital wie andere Briefmarken.

Neues von der Ergo: Die Versicherungsgesellschaft, die zunächst mit großer Verve gegen die Medien zu Feld gezogen war, zieht nun doch Konsequenzen aus dem Fehlverhalten ihres Strukturvertriebes. Wichtige Männer der Organisation werden jetzt verabschiedet, um einen Neuanfang ohne Bordellbesuche und Falschkalkulationen zu ermöglichen. Handelsblatt-Redakteur Sönke Iwersen hatte mit seinen Recherchen die Affäre ins Rollen gebracht. Nun zeichnet ihn das Fachmagazin "Wirtschaftsjournalist" zum "Wirtschaftsjournalisten des Jahres 2011" aus. In der Bewertung der Jury heißt es: "Iwersen ist der vielleicht beste Wirtschafts-Rechercheur der Republik." Die Handelsblatt-Redaktion ist vor allem eines: stolz auf ihn. Er ist für viele Freund, Kollege - und Vorbild.

Ich wünsche Ihnen einen heiteren Start in den neuen Tag. Es grüßt Sie herzlichst Ihr

Gabor Steingart
Chefredakteur
Jetzt noch schnell zur Handelsblatt-Korrespondententagung anmelden und Plätze sichern
Handelsblatt-Chefredakteur Gabor Steingart lädt Sie am 14. Dezember 2011 in die inspirierende Atmosphäre der Kunstsammlung K21 in Düsseldorf zur Vortragsveranstaltung "Handelsblatt-Auslandsreporter berichten" ein.

Der Vortragsabend beginnt um 19 Uhr und wird bei einem Gläschen Wein gegen 21 Uhr ausklingen. Sie erwarten sieben Kurzreferate, die Ihnen durch unsere Auslandskorrespondenten vorgestellt werden, darunter aus Mailand, Athen und Tokio.

Melden Sie sich jetzt noch schnell an und sichern Sie sich einen Platz:

Handelsblatt GmbH
Eva Niehoff
Telefon: 0211-887-27 66
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Anmeldungen werden nur bis heute 16 Uhr und in der Reihenfolge ihres Eingangs berücksichtigt.
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Geldregen über Europa
Noch nie war das Geldleihen in Europa billiger als heute. Die Europäische Zentralbank senkte gestern den Leitzins auf ein Prozent. Die Banken können sich nun auch gegen nur geringe Sicherheiten für drei Jahre mit Euro-Noten in unbegrenzter Höhe versorgen.

Gefährlicher Brief an Ackermann
Italienische Linksextremisten bekennen sich zu dem Anschlagsversuch auf den Deutsche-Bank-Chef.

Sechs deutschen Banken fehlen 13,1 Milliarden Euro
Die größten europäischen Geldinstitute weisen nach dem Stresstest der Bankenaufsichtsbehörde Eba eine Kapitallücke von knapp 115 Milliarden Euro aus.

Putin-Gegner machen per Facebook mobil
Die Opposition beschuldigt Russlands Premier der Wahlfälschung - und ruft über das soziale Netzwerk Facebook zu Protesten auf.

"Wir kennen die Schwachstellen"
Firmen rüsten gegen Betrug und Datenklau auf. Das Handelsblatt führte ein Interview über Moral in der Wirtschaft mit Daimlers neuer Vorstandsfrau für Integrität und Recht, Christine Hohmann-Dennhardt.

Benko senkt die Offerte für Kaufhof
Der österreichische Investor will jetzt nur noch 2,05 Milliarden Euro für Metros Warenhäuser zahlen.

Tomtom streicht jeden zehnten Job
Der Hersteller von Navigationsgeräten spart beim Personal, um mehr Geld in die Forschung an neuen Techniken und Produkten investieren zu können.

Helaba will Verbundbank kaufen
Die Führung der Landesbank Hessen-Thüringen votiert für die Übernahme der WestLB-Verbundbank. Jetzt müssen noch die Eigentümer der Helaba zustimmen.

Serie: Der globale Manager
Die Wirtschaftshochschulen müssen sich öffnen, wenn sie angehende Führungskräfte auf die neue Geschäftswelt vorbereiten wollen.

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"Merkozy" treiben Keil in Europa
Wer nicht für uns ist, ist gegen uns: Merkel und Sarkozy peitschen ihre Euro-Pläne durch. Länder wie Großbritannien bleiben auf der Strecke. Der große Wurf ist damit passé. Und die Schrumpflösung birgt neue Risiken.
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Die Favoriten unserer Leser
Studie
Deutsche fürchten massive Geldentwertung
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Worst-Case-Planung
Schweiz bereitet sich auf Euro-Kollaps vor
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Euro-Rettung
Merkels Mission Impossible
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Euro-Krise
Und wenn doch alles zusammenbricht?
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Schuldenkrise
Euro-Flut soll den Euro retten
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Gipfel-Enttäuschung schickt Dax in den Keller
Ein weiterer EU-Gipfel und wieder kein Durchbruch in der Schuldenkrise. Auch die EZB enttäuscht die Anleger. Den Dax dürfte das am Freitag weiter absacken lassen. Besonders schlecht sieht es für Bankaktien aus.
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Deutschland exportiert weniger
Das Statistische Bundesamt veröffentlicht Zahlen für den deutschen Außenhandel im Oktober. Analysten gehen davon aus, dass die Exporte gegenüber September um ein Prozent zurückgegangen sind, nach einem Plus von knapp einem Prozent im Monat zuvor. Bei den Einfuhren hingegen rechnen sie im Mittel mit einem Plus von 0,5 Prozent. Die Importe waren im September um 0,8 Prozent geschrumpft.

Inflationsrate verharrt bei 2,4 Prozent
Heute wird der endgültige Wert für die Steigerung der Verbraucherpreise im November bekanntgegeben. Analysten rechnen damit, dass die Inflationsrate im Jahresvergleich, wie bereits im Monat zuvor, bei 2,4 Prozent liegt.
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BP will Konflikt mit russischem Partner beilegen
Anfang des Jahres lieferten sich der britische Ölmulti BP und die russische Milliardärsholding AAR einen erbitterten Streit. Gemeinsam betreiben die Partner den Ölförderer TNK-BP. Anlass für den Konflikt waren die Pläne der Briten, sich mit einem TNK-BP-Konkurrenten zu verbünden, dem Kreml-Konzern Rosneft. Bei der heutigen Verwaltungsratssitzung von TNK-BP könnten beide Seiten damit beginnen, den Konflikt aus der Welt zu schaffen - zumindest habe BP einen Vorschlag zur Güte erarbeitet, schreiben britische Medien. So erwäge BP, einen Teil seiner Geschäftsteile TNK-BP zuzuschlagen. Im Gegenzug müsste die Milliardärsholding aber darauf verzichten, vor Gericht gegen den britischen Partner vorzugehen.

Kroatien unterzeichnet EU-Beitrittsvertrag
Die 27 Mitgliedsstaaten der EU wollen Kroatien 2013 als 28. Mitglied in die Europäische Union aufnehmen. Ein entsprechender Beitrittsvertrag soll beim Treffen der Staats- und Regierungschefs in Brüssel unterzeichnet werden. Danach soll der Vertrag in allen Mitgliedsländern ratifiziert werden, sodass nach derzeitigen Planungen Kroatien zum 1. Juli 2013 vollständiges Mitglied der Union werden kann.
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China macht Apple das iPad madig
Beim Streit um Markenrechte hat Apple bisher meist auf der Gewinnerseite gestanden. Jetzt urteilt ein chinesisches Gericht gegen Apple. Der Konzern verliert die Rechte am Namen "iPad" - gerade als er in China investiert.
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Texas Instruments senkt Gewinnerwartung
In der Elektronikbranche läuten die Alarmglocken: Texas Instruments senkt seine Erwartungen an das laufende Quartal. In vielen Märkten und bei vielen Produkten lasse die Nachfrage nach - mit einer Ausnahme.
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US-Geheimmission fliegt auf
Der Iran hat behauptet, vor wenigen Tagen eine US-Aufklärungsdrohne abgefangen zu haben. Das könnte das US-Militär empfindlich treffen - und die Spannungen erhöhen. Der Iran hat bereits eine Diplomatin einbestellt.
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Wall Street schaudert vor Europa
Die Wall Street blickt skeptisch auf die Entscheidungen in Europa. Der Dow-Jones-Index rutschte gestern bis zum Börsenschluss um 1,6 Prozent auf 11.997 Punkte ab. Besonders hart trifft der Abwärtstrend die Finanzwerte.
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Toyota revidiert Prognose
Der japanische Autohersteller will einen revidierten Ausblick für das Geschäftsjahr bis März 2012 veröffentlichen. Die Flut in Thailand sorgte besonders bei Japans Autokonzernen für Engpässe und zwang Toyota, die Prognose zurückzuziehen. Der VW-Konkurrent hatte Anfang November erklärt, in Thailand rund 150.000 Autos wegen Produktionsausfällen bei Zulieferern nicht bauen zu können.
Kurse fallen wie schon an der Wall Street
Der Handelstag an den japanischen Börsen steht unter keinen guten Vorzeichen. Wie in New York rutschen auch in Tokio die Kurse in den Keller. Die Enttäuschung über die EZB und den EU-Gipfel sitzt tief.
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FÜR SIE GELESEN - HANDELSBLATT PRESSESCHAU
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Die internationale Wirtschaftspresse kennt auch zum Wochenende hin nur ein Thema: Europa, die Schuldenkrise und der Weg aus ihr.

"Hier kommt Santa Mario", täuscht die Börsen-Zeitung Jubel vor. Die Augen der Banker werden geleuchtet haben, weil Eurolands oberster Notenbanker Mario Draghi die Institute mit Gaben überschüttet hätte, säuselt das Blatt. Sie könnten sich nun noch billiger finanzieren, schlechtere Sicherheiten als Pfand hinterlegen und bekämen Kredite nicht nur für ein, sondern für drei Jahre.

Mario Draghi versuche sich an einem Kunststück, beobachtet die Financial Times Deutschland. Und versuche einen schwierigen, riskanten Balanceakt - der nötig sei: Rhetorisch gebe der Präsident der Europäischen Zentralbank (EZB) den eingriffsunwilligen Hardliner, um so den Reformdruck auf den EU-Gipfel zu erhöhen. "Zugleich hat er jedoch mit der Leitzinssenkung die ganze Macht der Notenbank eingesetzt, um Europas Wirtschaft vor dem Absturz zu bewahren."

Die Aussichten für die Euro-Zone seien schlecht. "Wer das bislang nicht geglaubt hat, der muss sich nur das Maßnahmenbündel anschauen, das die EZB beschlossen hat", meint die Süddeutsche Zeitung. Es zeige, wie schlecht die Dinge in Europa wirklich stünden. Was als Schuldendebakel in Griechenland begann, habe sich zu einer Finanz- und Währungskrise mit multiplen Ursachen ausgewachsen.

Les Echos aus Frankreich geht der Frage nach, wie eine "Explosion in der Euro-Zone" verhindert werden kann. Diese sei eine reelle Gefahr, weil es in der Peripherie der EU Staaten gebe, die ein "doppeltes Defizit" aufweisen - Außenhandelsdefizit plus Haushaltsdefizit.