|
Guten Morgen Herr Scaruffi,
die Demokratie hält nun auch in
Russland Einzug, was den Autokraten Wladimir Putin nur wenig
erfreuten dürfte. Seine Partei "Einiges Russland" hat ihre Zwei-Drittel-Mehrheit
verloren. Trotz der deutlichen Verluste hat sie die absolute Mehrheit der Sitze
errungen. Putin wurde heute Morgen offiziell zum Wahlsieger erklärt. Das
Land befindet sich in einem schwierigen Häutungsprozess: Man trägt jetzt das
Kleid der Demokratie, aber die alte Sowjet-Haut hängt ihm noch
nach.
Als der Papst kürzlich vor dem Deutschen Bundestag
sprach, zitierte er den jungen König Salomon, der bei seiner Thronbesteigung
von Gott eine Bitte freigestellt bekam. Der junge Herrscher erbat sich nicht
Erfolg, Reichtum oder die Vernichtung der Feinde, sondern: "Verleih deinem
Knecht ein hörendes Herz, damit er dein Volk zu regieren versteht". Als
Helmut Schmidt gestern den SPD-Parteitag eröffnete, warb er für
deutsche Bescheidenheit und europäische Solidarität: "Europa
braucht ein mitfühlendes Herz". Der Parteitag feierte den 93-Jährigen mit
Standing Ovations. Wenn die SPD eine Kirche wäre, wäre Helmut Schmidt ihr
Papst.
Die übrigen Bischöfe wirken dagegen wie Messdiener. Am heutigen
Montag stellt sich SPD-Chef Sigmar Gabriel zur Wiederwahl. Um
nicht in Erklärungsnot zu geraten, hatte er zuvor schon tiefgestapelt. Er
rechne mit einem schlechteren Ergebnis als bei seiner ersten Wahl vor
zwei Jahren, als er 94,2 Prozent der Stimmen erhalten hatte. "94 Prozent kriegt
man in der SPD nur, wenn man zum ersten Mal kandidiert und wenn man zum letzten
Mal kandidieren will", sagte er.
Am Samstagabend kündigte SAP eine
milliardenschwere Übernahme an. Der deutsche Software-Konzern will für
2,5 Milliarden Euro die US-Firma Success Factors übernehmen. Damit
meldete sich die deutsche Erfolgsfirma, die im Zeitalter von Apple, Google und
Co. ein bisschen in Vergessenheit geraten war, mit einer Großinvestition auf der
Weltbühne zurück. Dem SAP-Aktienkurs dürfte diese Akquisition heute
Morgen guttun.
Exklusiv-News aus Gütersloh: Der neue
Bertelsmann-Chef Thomas Rabe will mit einem Beratergremium Europas
größten Medienkonzern stärker internationalisieren und neue Märkte wie Indien,
China und Lateinamerika erschließen. Dem Gremium gehören folgende sieben
Musketiere an: Annabelle Lu Yong, Chefin des Corporate Centers in China
und Geschäftsführerin der Bertelsmann Asia Investments, RTL-Deutschlandchefin
Anke Schäferkordt, die langjährige Random House-Chefin Gail Rebuck
in Großbritannien, Karin Schlautmann, neue Kommunikationschefin und
enge Vertraute von Liz Mohn, der Spanier Fernando Carro de Prada,
weltweiter Chef der Buchklubs und Spezialist für Endkundengeschäfte, Nicolas
de Tavernost, CEO der französischen Fernsehgruppe M 6 und der einflussreiche
Bertelsmann-Personalchef Immanuel Hermreck.
Der größte deutsche
Stahlhersteller bestätigte am Freitag unsere Titelgeschichte vom
"Missmanagement bei Thyssen-Krupp". In einer vorgezogenen Pressekonferenz
teilte der Vorstand mit, dass das Unternehmen im vergangenen Geschäftsjahr einen
Verlust von knapp 1,8 Milliarden Euro eingefahren hat - vor allem
aufgrund der Schwierigkeiten mit dem neuen Stahlwerk in Brasilien. Diese
schonungslose Offenheit ist im Zeitalter einer oft auf Beschönigung angelegten
Public Relations eine Novität. Thyssen-Krupp ist damit die Ausnahme von der
Regel. Damit nicht genug: Wir erfuhren aus den damit befassten Kreisen, dass der
Ex-Vorstandschef Ekkehard Schulz - der für das Brasilien-Investment
verantwortlich ist - nun um seinen Aufsichtsratssitz bangen muss. Für
Aufsichtsratschef Gerhard Cromme und Stiftungschef Berthold Beitz
ist Corporate Governance erkennbar mehr als ein Modewort.
Ich
wünsche Ihnen einen schwungvollen Start in die neue Woche. Es grüßt Sie
herzlichst Ihr
Gabor Steingart Chefredakteur
|
|
|
|
|
|
|
|