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Donnerstag, 22. März
2012
Guten Morgen Herr Scaruffi,
aus Toulouse gibt es heute morgen,
Stand kurz vor 8 Uhr, keine neuen Nachrichten. Die Polizei belagert noch immer
das Haus des mutmaßlichen Serien-Attentäters. Man setzt auf eine
Zermürbungstaktik, in der Hoffnung, die Zahl der Toten gering halten
zu können.
Unser heutiges Schwerpunktthema beschäftigt sich mit dem
Führungspersonal der Deutschen Bank und trägt die Überschrift "Das
Zerwürfnis". Es erzählt die Geschichte einer Entfremdung. Der
Hintergrund: Josef Ackermann sagte gestern die für April geplante
Führungskräftetagung der Deutschen Bank in Montreux ab. Die Nachfolger, Anshu
Jain und Jürgen Fitschen, drängten ihn dazu. Ihre Strategie stellen sie
lieber dann vor, wenn Ackermann schon in Richtung Schweiz entschwunden
ist.
Er selbst verspürte wenig Neigung, sich der neuen Zeit entgegen zu
stemmen. Mit ihrem forschen Tempo und einer Kommunikationsstrategie, die alle
mit ihm getroffenen Absprachen brach, haben Jain und Fitschen den großen
Mann der Deutschen Bank nicht gerade für sich einnehmen können. Die beiden
müssen aufpassen, dass ihr Blitzstart nicht sie selbst beschädigt. Es ist
ja richtig: Sie sind seine Nachfolger. Aber seine Erben sind sie
deshalb noch lange nicht.
Europa ist wertvoll. Aber womöglich ist
es so wertvoll, dass wir es uns in seiner jetzigen Form nicht leisten können.
Die Bundesregierung schließt nicht mehr aus, dass Deutschland für die
Euro-Rettung den Garantierahmen von derzeit 211 Milliarden Euro weiter
ausweiten muss. Dabei müssten schon heute - wenn der Fall der Fälle eintritt
- alle Steuereinnahmen in Deutschland, von denen aus der Mehrwert- bis zu
denen aus der Einkommensteuer, für ein Jahr um rund 50 Prozent erhöht
werden.
Vorstandschef Roland Koch will den Bau- und
Dienstleistungskonzern Bilfinger Berger mit weiteren Zukäufen stärken
und zugleich das Nebeneinander verschiedener Marken unter dem Konzerndach
beenden. Das kündigte der ehemalige hessische Ministerpräsident gestern an.
Er wirkte gut gelaunt. Vielleicht liegt es auch daran, dass er sein Gehalt mit
dem Wechsel in die Privatwirtschaft um den Faktor zehn gesteigert
hat.
Früher bedeutete Marktwirtschaft, dass Risiko und
Verantwortung untrennbar verbunden waren. Heute erleben wir die Entkoppelung
dieser beiden Grundbegriffe, erst bei den Banken, nun auch bei Schlecker.
Eine staatlich gestützte Transfergesellschaft für die 11.000 von
Entlassung bedrohten Schlecker-Beschäftigten soll es geben. Vertreter der
Bundesländer wollen heute über eine Staatsbürgschaft beraten. Dabei ist
Schlecker nun wirklich nicht systemrelevant. Wenn die trostlosen
Schlecker-Filialen aus dem Stadtbild verschwinden, entsteht unserem Land kein
Schaden.
Ich wünsche Ihnen einen sorgenfreien Start in den neuen Tag. Es
grüßt Sie herzlichst Ihr
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Gabor Steingart Chefredakteur
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