Roberto Abraham Scaruffi

Tuesday 29 May 2012


Dienstag, 29. Mai 2012
Guten Morgen,
aus Wut wird allmählich Politik: Die Freien Wähler wollen mit Hans-Olaf Henkel und einer scharfkantigen Anti-Euro-Strategie in den Bundestagswahlkampf ziehen. Am 16. Juni soll das offiziell beschlossen werden. Handelsblatt-Korrespondenten sprachen vorab mit den Beteiligten - und mit Demoskopen, die der neuen "bürgerlichen APO" gute Chancen einräumen, das Parteiensystem aufzumischen. Interessant zu wissen: Im Bundesverband Freier Wähler sind viermal so viele Bürger engagiert wie in der FDP. Unsere Titelgeschichte "Europa, aber anders" erkärt, warum die Freien Wähler den schleichenden Übergang von einer Währungs- in eine Haftungsunion stoppen wollen.

Der Ex-Chefvolkswirt der Europäischen Zentralbank, Jürgen Stark, schreibt in einem Gastbeitrag für unsere Zeitung über die Risiken von Euro-Bonds für Deutschland. Und er analysiert, warum Frankreich ein Interesse daran hat, das eigene Risiko in Südeuropa zu Lasten Dritter zu begrenzen. Stark geht mit unserem Nachbarland hart ins Gericht: "Die Schuldendynamik ist ungebrochen, die Reformbedürftigkeit der Wirtschaft dringend. (...) Die Staatsquote ist mit über 56 Prozent die mit Abstand höchste im Euro-Gebiet. Frankreich hat keinen ausgeprägten wirtschaftlichen Mittelstand. Mit einer seit 1999 um etwa 20 Prozent stärkeren Steigerung der Lohnstückkosten als in Deutschland hat Frankreich an preislicher Wettbewerbsfähigkeit verloren; die Arbeitslosenquote ist fast doppelt so hoch wie auf dieser Seite des Rheins." Beim Lesen des Kommentars ertappt man sich dabei, die EZB um den Verlust dieses Mannes zu bemitleiden.

Die Schweiz prüft die Einführung von Kapitalverkehrskontrollen, um im Falle des Auseinanderfallens der Euro-Zone einer möglichen Flucht in den Franken zu begegnen. Das sagte Thomas Jordan, Präsident der Schweizerischen Nationalbank, in einem Interview. Ausländer könnten dann nicht mehr oder nur noch unter strengen Auflagen in den Franken investieren. Die Schweiz hat das umgekehrte Problem wie die frühere DDR: Dort wollten alle weg. In die Schweiz wollen alle hin. Gemeinsam ist beiden, dass man in der Abschottung die Lösung sieht. Im Fall der DDR hat das jedenfalls nicht funktioniert.

Abschottungsgelüste auch in Brüssel: EU-Parlamentarier fordern Aufklärung darüber, wie weit China über Unternehmensbeteiligungen und den Kauf von Staatsanleihen in Europas Wirtschaft vorgedrungen ist. Es werden Töne laut, die man so in Brüssel bisher nicht gehört hat: "Während sich der chinesische Drache in seiner immer größeren Höhle abschottet, steht Europas Tür sperrangelweit offen", sagt der außenhandelspolitische Sprecher der EVP-Fraktion im Parlament, Daniel Caspary. Die Geschichte lehrt: Wer selbst Probleme hat, sucht und findet einen Sündenbock.

Autogigant Volkswagen hat einen gefährlichen Weg eingeschlagen: Der Marktführer gibt in Deutschland bis zu 23 Prozent Nachlass auf wichtige Modelle. Dabei weiß man aus allen bisherigen Rabattschlachten der neueren Wirtschaftsgeschichte: Der Rabatt löst keine Probleme, sondern verschärft sie.

Falls Sie nach Pfingsten heute die Rückreise antreten, könnten Sie die Bahn benutzen. "Wir fahren im Augenblick mit einer der höchsten Pünktlichkeiten in der Geschichte der Deutschen Bahn", sagte Bahn-Chef Rüdiger Grube am Wochenende. Grube ist ein tüchtiger Manager, ein Sprachliebhaber ist er nicht. Das Wort "Pünktlichkeit" kennt keinerlei Steigerungsformen. Hier gibt es nur Entweder-oder.

Ich wünsche Ihnen nach dem sonnigen Pfingstwochenende einen entspannten Start in die Kurzwoche. Es grüßt Sie herzlichst Ihr
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Gabor Steingart
Chefredakteur
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Streit um Börsengang von Evonik
Bei dem Evonik-Börsengang gibt es Streit zwischen den Banken und den Eignern. Die RAG-Stiftung überlegt, weniger Anteile an den Markt zu bringen als empfohlen. Auch eine Absage des Börsengangs steht zur Debatte. Mehr...
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Die Bankenkrise in Spanien wird immer teurer und gefährlicher. Kann die EU einen Hilfseinsatz überhaupt stemmen, fragen die internationalen Medien. Mehr...
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Die Sorgen über die Schuldenkrise in Europa und insbesondere über das spanische Bankensystem haben am Dienstag den Euro in Fernost nahe eines Zwei-Jahres-Tiefs gehalten. Die Börsianer sind verunsichert, der Nikkei-Index kann nur geringe Zuwächse verzeichnen. Mehr...
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VERSICHERUNG
AOK will keine Prämien ausschütten
Bundesgesundheitsminister Daniel Bahr hatte zwar die Krankenkassen mehrfach aufgefordert, Überschüsse in Form von Prämien an die Versicherten auszubezahlen. Doch der AOK-Bundesverband will sich daran nicht halten. Mehr...
TERMINE DES TAGES
Teuerung im Mai bei zwei Prozent
Heute gibt das Statistische Bundesamt in Wiesbaden eine erste Schätzung für die Inflationsrate im Mai bekannt. Experten gehen davon aus, dass die Verbraucherpreise im Vergleich zum Vorjahresmonat um 2,0 Prozent gestiegen sind. Zum Vormonat dürften sie demnach um 0,1 Prozent zurückgegangen sein.

Importpreise ziehen um 2,6 Prozent an
Die Preise für importierte Güter dürften im April um 2,6 Prozent über denen des Vorjahresmonats gelegen haben. Das zumindest schätzen Experten im Vorfeld der heute bekanntgegebenen Daten, nachdem die Importpreise im Vormonat noch um 3,1 Prozent gestiegen waren.

Bleibt Schaeffler auf Wachstumskurs?
Der fränkische Autozulieferer, der seit der mehrheitlichen Übernahme des Konkurrenten Continental eine milliardenschwere Schuldenlast mit sich herumschleppt, berichtet über den Verlauf des ersten Quartals. 2011 hatte Schaeffler von der gut laufenden Autokonjunktur profitiert, bei der Bilanzpräsentation allerdings bereits angedeutet, dass sich das Niveau des zurückliegenden Jahres 2012 nicht werde halten lassen.
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18 MILLIARDEN EURO
Griechische Banken erhalten Geldspritze
18 Milliarden Euro aus dem Euro-Rettungsfonds sollen die griechischen Banken retten. Damit dürften die Anforderungen für direkte Geschäfte mit der EZB erfüllt sein. Mehr...
TERMIN DES TAGES
Fällt das Verbrauchervertrauen in der Euro-Zone weiter?
In Brüssel werden Daten zum Verbrauchervertrauen, zum Geschäftsklima und zum Wirtschaftsvertrauen in der Euro-Zone im Mai veröffentlicht. Nach den jüngsten Entwicklungen in Griechenland und den neuen Problemen um den spanischen Bankensektor dürften die Barometer weiter gefallen sein.
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ÄGYPTEN
Proteste gegen Wahlausgang
Erneut demonstrieren die Ägypter auf dem Tahrir-Platz, dem Symbol für den Sturz des alten Mubarak-Regimes. Sie wollen verhindern, dass ein Vertreter der alten Elite wieder ins Präsidentenamt kommt. Mehr...
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Brasilianer bleiben gelassen
Obwohl die Sorgen um die Weltkonjunktur immer größer werden, gibt es positive Nachrichten aus Brasilien. Die inzwischen sechstgrößte Volkswirtschaft der Welt entwickelt sich weiter positiv. Mehr...
US-PRÄSIDENT OBAMA
"Nur noch absolut notwendige Kriegseinsätze"
Im Gedenken an gefallene US-Soldaten hat Präsident Barack Obama deren Einsatz für die Verteidigung Amerikas gewürdigt. Zugleich versicherte er, die USA ziehen nur noch in Kriege, wenn "es absolut notwendig ist". Mehr...
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Neuer Spionage-Virus treibt sein Unwesen
Ein neuer Computervirus ist im Umlauf, der bereits tausende Computer infiltriert hat. Er zeichnet Gespräche und Daten auf und ist laut Experten von einer staatlichen Organisation entwickelt worden. Mehr...
TERMIN DES TAGES
Gauck trifft in Israel Peres und Lieberman
Bundespräsident Joachim Gauck beginnt das offizielle Programm seines Staatsbesuchs in Israel. In Jerusalem trifft er mit Präsident Schimon Peres und Außenminister Avigdor Lieberman zusammen. Auch ein Besuch der Gedenkstätte Yad Vashem für die Opfer des Holocaust ist vorgesehen. Begleitet wird Gauck auch von Dieter Graumann, dem Präsidenten des Zentralrats der Juden in Deutschland. Gauck bezeichnete seinen Besuch in Israel als Herzensanliegen. Damit würden die "auf immer besonderen Beziehungen zwischen Deutschland und Israel" unterstrichen. Zum Abschluss der Reise wird er am Donnerstag auch die palästinensischen Gebiete besuchen.
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WORTE DES TAGES

"Griechenland ist das einzige Land, von dem wir meiner Meinung nach sagen können, dass es ein gescheiterter Staat ist."
Jürgen Fitschen,
designierter Co-Chef der Deutschen Bank

"Die Notenbank ist erhebliche Risiken eingegangen, um einen Systemkollaps zu vermeiden."
Jens Weidmann,
Präsident der Bundesbank