 |
 |
Mittwoch, 20. Juni
2012
Guten Morgen,
wer an der Spitze bleiben will, muss
auch bereit sein, Tabus zu brechen. Vor allem solche, die er selbst
errichtet hat. Genau das tut das weltweit größte Softwarehaus Microsoft,
wenn es nun doch in die Produktion von Computern einsteigt. Damit will
Firmenchef Steve Ballmer die Dominanz des Rivalen Apple in der
IT-Welt brechen. Experten räumen dem von Microsoft entwickelten
iPad-Angreifer "Surface" gute Chancen ein. Unser Mann im Silicon Valley,
Handelsblattkorrespondent Axel Postinett, hat den Prototyp gestern in den Händen
gehalten. Er vergleicht in der heutigen Ausgabe die Geräte von Samsung, Apple
und Microsoft - "Angriff auf Apple", lautet unsere Titelgeschichte.
Frankreichs Staatspräsident François Hollande beharrt darauf, die
Staatsfinanzierung in der Euro-Zone zügig zu vergemeinschaften.
Die Währungsunion könne schon "in kurzer Zeit" mit der "Ausgabe gemeinsamer,
kurzlaufender Schuldtitel", sogenannter Euro-Bills, beginnen. Das ist die
Botschaft seines elfseitigen Papiers "Wachstumspakt", das dem Handelsblatt
vorliegt. Euro-Bills ist das neue Wort für Euro-Bonds. Hollande, aufgeputscht
durch den Linksruck in Frankreich, ist für die mahnenden Worte aus
Berlin derzeit nicht empfänglich.
Gleichzeitig wird Angela
Merkels Macht durch das Bundesverfassungsgericht limitiert. In seinem
gestern ergangenen Urteil zur Euro-Rettungspolitik verlangt das Gericht,
das Parlament früh und umfassend einzubinden. Milliardengarantien für
andere Länder dürften keinesfalls auf Gipfeltreffen oder in
Vier-Augen-Gesprächen zugesagt werden. Verfassungsgerichts-Präsident Andreas
Voßkuhle fasst das Urteil in einem knappen Satz zusammen: "Demokratie hat
ihren Preis. Bei ihr zu sparen, könnte aber sehr teuer werden." Die europäische
Idee, das machte der Richter deutlich, dürfe nicht gegen die Demokratie ins Feld
geführt werden. Der Mann hat schon jetzt den Karlspreis verdient. Aber er
wird ihn wohl nicht bekommen. Denn den verleihen sich die Rettungspolitiker
Juncker, Merkel, Trichet und Schäuble am liebsten gegenseitig. Wer an die
wachsenden Demokratiedefizite erinnert, gilt in diesen Kreisen neuerdings als
Europa-Kritiker.
Der Online-Handel treibt nicht nur die
Gewinne der Post wegen der Auslieferung der online bestellten Artikel. Auch der
Immobilienmarkt erblüht. Es werden Lagerhallen und Logistikzentren
gebraucht und gebaut. 1,2 Milliarden Euro flossen 2011 in deutsche
Logistik-Immobilien. Zwei Millionen Quadratmeter Lagerfläche kamen hinzu - ein
Zuwachs in der Größe Monacos. Unser Logistik-Experte Christoph Schlautmann hat
in einer großen Analyse für das Unternehmensressort die Ursachen des Booms
untersucht. Sein Fazit: Auch die Kapitalflucht im Zuge der Euro-Krise
kommt dem Fracht- und Logistikgeschäft zugute.
Die Bundesregierung
dürfte ihr Ziel verfehlen, bis zum Jahr 2020 eine Million
elektrisch angetriebener Autos auf die Straßen zu bringen. Das räumte der
Chef der Nationalen Plattform Elektromobilität (NPE), Henning Kagermann,
gestern im Gespräch mit dem Handelsblatt ein. "Nach unseren Schätzungen kommen
wir lediglich auf 600.000 Elektrofahrzeuge", sagte er. Die deutsche
Autoindustrie stehe vor einem "Marathon", befinde sich aber auf einem guten Weg.
Man wolle marktwirtschaftlich vorgehen "und keine Autos mit Subventionen
auf den Markt drücken", verspricht Kagermann. Das ist eine gute Nachricht:
Nachdem wir bereits die Energieerzeugung auf Sonne, Wind und Subvention
umgestellt haben, wäre es schön, wenn wenigstens das Autofahren
Privatsache bliebe.
Ich wünsche Ihnen einen gut gelaunten Start in
den neuen Tag. Es grüßt Sie herzlichst Ihr
 |
 |
Gabor Steingart Chefredakteur
|
 |
 |