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Donnerstag, 01. März
2012
Guten Morgen,
bei Thyssen-Krupp tut sich etwas.
Konzern-Chef Heinrich Hiesinger will das Traditionsunternehmen radikal
umbauen und damit auch die Konsequenzen aus dem Milliarden-Debakel in
Brasilien ziehen. Die Manager vor Ort bekommen nun jene Macht, die die
Geschäftsbereichsleiter in Essen verlieren. Das hat unser Stahlexperte Martin
Murphy exklusiv recherchiert. Die bisherige Spartenstruktur, die vor allem das
Silodenken der Bereichsfürsten förderte, soll demnach abgeschafft werden.
Als Blaupause dient Hiesinger das Organigramm seines ehemaligen
Arbeitgebers: "Vorbild Siemens" lautet denn auch die Zeile über Murphys
Titelgeschichte.
Die EZB hat gestern den größten Kredit in ihrer
Geschichte vergeben: 529.530.810.000 Euro, also mehr als eine halbe
Billion, stellte sie den Banken für die Laufzeit von drei Jahren zur Verfügung.
800 Finanzinstitute liehen sich billiges Geld bei der Zentralbank.
Offiziell dient diese wundersame Geldvermehrung dem Ziel, eine Kreditklemme in
der Realwirtschaft zu verhindern. In Wahrheit aber geht es darum, die
bisherige Form der Staatsfinanzierung fortzusetzen. Die Banken sollen weiter
Staatsanleihen kaufen. Die Rauschhaftigkeit der Verhältnisse wird
fortgesetzt.
Bei Schlecker gibt es derzeit nichts zu lachen:
Mehr als 10.000 Stellen fallen weg, jede zweite Filiale soll dicht gemacht
werden. Der Insolvenzverwalter verordnet der Drogeriemarktkette einen
drastischen Sparkurs und sucht nach einem Investor. Eine pfiffige Redakteurin
von Handelsblatt Online passte den Werbespruch des Unternehmens der neuen,
tristen Realität an: For you. Vor Ort. Vorbei.
Vor dem heutigen
EU-Gipfel mehren sich die Anzeichen, dass die Bundesregierung eine
Aufstockung des Rettungsschirms ESM nicht länger ablehnt. Denn die
Südeuropäer fordern, unterstützt von den Amerikanern, mehr Feuerkraft. Bisher
hatten sich Merkel und Schäuble strikt geweigert, weiteres
Steuerzahlergeld zu riskieren. Aber die Verfallszeit solcher Festlegungen ist
kurz geworden.
Der Autozulieferer und Reifenhersteller Continental
legt heute in Hannover seine Bilanz vor. Vorstandschef Elmar
Degenhart hatte schon zum Jahreswechsel starke Zahlen für 2011 in
Aussicht gestellt. Der Konzern erwartet nach einem "sehr guten" Schlussquartal
einen Milliardengewinn. Nach drei Jahren ohne Ausschüttung sollen die Aktionäre
auch wieder eine Dividende erhalten.
Audi präsentiert heute
ebenfalls eine Rekordbilanz: Die Ingolstädter Volkswagen-Tochter hat im
vergangenen Jahr so viele Autos verkauft wie nie zuvor - nun dürfte auch
der Gewinn in die Höhe schnellen. Der Mutterkonzern VW hat seinen Gewinn auf
fast 16 Milliarden Euro mehr als verdoppelt. Heute erfahren wir, welchen Anteil
Audi daran hat.
Für Verdi liefern weder die Continental-, noch
die Audi-Zahlen hilfreiche Argumente: Der Verdi-Arbeitgeber Staat hat keinen
Gewinn eingefahren, sondern trotz Rekordsteuereinnahmen von über 550
Milliarden Euro ein Minus produziert. Diese traurige Wahrheit darf Verdi
seinen Beschäftigten nicht ersparen, wenn heute in Potsdam die
Tarifverhandlungen für die rund zwei Millionen Beschäftigten im Öffentlichen
Dienst von Bund und Kommunen beginnen.
Ich wünsche Ihnen einen
kraftvollen Start in den Tag. Es grüßt Sie herzlichst Ihr
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Gabor Steingart Chefredakteur
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