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Guten Morgen,
die Einigung im griechischen Schuldenpoker
zwischen Banken und Regierung steht kurz bevor. Doch die Finanzmärkte vermag
dieser staatlich verordnete Schuldenerlass nicht zu beruhigen. Die Investoren
schreiben bereits den nächsten Staat ab - portugiesische Anleihen finden
kaum noch Käufer. Die Wirtschaft schrumpft, die Defizite steigen, die
Risikoaufschläge für die Staatsanleihen aus Portugal schwanken zwischen
15 und 17 Prozent. Unsere heutige Titelgeschichte berichtet vom Tuschelthema an
den europäischen Börsen: einem Schuldenschnitt auch für Portugal.
Facebook hat seinen Börsenprospekt vorgelegt - und damit
erstmals einen Blick in seine Geschäftszahlen gestattet. Das Ergebnis ist
beeindruckend: Die Firma erzielte im Jahr 2011 bei einem
Vier-Milliarden-Dollar-Umsatz einen Gewinn von einer Milliarde
Dollar. Und woher kommt der? Ausschließlich aus der Online-Werbung. Allen,
die ständig über sinkende Werbeerlöse klagen, sollten sich an Facebook ein
Beispiel nehmen. It´s the Online-Economy, stupid!
Die Fusion von
Deutscher Börse und New York Stock Exchange ist gescheitert. "Ein
Zusammenschluss beider Handelsbetreiber hätte auf dem europäischen Markt für
Finanzderivate zu einer monopolartigen Stellung geführt", begründete
EU-Wettbewerbskommissar Almunia die Entscheidung gestern in Brüssel. Auf
Unterstützung durch die Kanzlerin konnte der Chef der Deutschen Börse, Reto
Francioni, in keiner Phase seines Kampfes rechnen. Es ist derzeit politisch
nicht geboten, Männer der Geldindustrie zu unterstützen. Es ist sogar
besser, sie gar nicht erst zu kennen.
Deshalb finden seit geraumer Zeit
schon die Treffen der Bundeskanzlerin mit dem Spitzenpersonal der Deutschen
Bank heimlich statt. Der 60. Geburtstag von Josef Ackermann, dem zu
Ehren Merkel ein Abendessen veranstaltet hatte, sollte öffentlich ohne Erwähnung
bleiben, so wurde es allen Teilnehmern eingeschärft. Der Antrittsbesuch von
Ackermann-Nachfolger Anshu Jain, der kürzlich stattfand, wurde ebenfalls
als geheime Kommandosache behandelt. Die Kanzlerin will nicht von der Welle
des Anti-Banken-Ressentiments erfasst werden.
Diese Stimmung ist eine
weltweite. In England wurde jetzt dem ehemaligen Chef der Royal Bank of
Scotland, Fred Goodwin, die Ritterwürde und damit die Anrede "Sir"
entzogen. Ihm wird zur Last gelegt, dass sein Geldhaus in der Finanzkrise
vom Staat gerettet werden musste. Er gilt in England als einer dieser
"Boni-Banker", gegen die das Volk rebelliert. Von den Meinungsumfragen
getrieben, von der Regierung angestrengt, von Königin Elisabeth II.
gebilligt, verlor der Mann damit seine bürgerliche Ehre. Ein Freund Goodwins
sagt: "Es ist wie Lynchen durch den Mob auf dem Marktplatz".
Nochmals
zurück zur Deutschen Bank. Die wird heute den Bilanzreigen der
europäischen Großbanken eröffnen. Ackermann stellt das Zahlenwerk im
Beisein seiner beiden Nachfolger - Anshu Jain und Jürgen Fitschen - vor. Klar
ist schon seit Ende letzten Jahres, dass das ehrgeizige Ziel eines
Vorsteuergewinns von zehn Milliarden Euro für das Geschäftsjahr 2011 verfehlt
wird. Aber um Zahlen geht es heute nur am Rande. Denn die in der
Öffentlichkeit weithin unbekannten Nachfolger müssen Persönlichkeit zeigen. Es
ist, auch wenn Ackermann das nicht gerne hört, ihre Show. Für den weißen
Elefanten weisen alle Zeichen Richtung Elefantenfriedhof. Dort allerdings
gebührt ihm ein Ehrenplatz. Die Bank hat ihm - obwohl sie zuletzt seiner
Ichbezogenheit überdrüssig war - viel zu verdanken.
Gestern war ein
schwarzer Tag für den allseits geschätzten Unternehmensberater Jochen
Kienbaum. Mitarbeiter der Personalberatung, die vom Wettbewerber zu
ihm gewechselt sind, sollen Unterlagen und Geschäftsideen kopiert und von
dort mitgebracht haben. Die Staatsanwaltschaft schritt ein und
durchsuchte an zwei Standorten die Kienbaum-Büros, wie unsere Chefreporterin
Tanja Kewes exklusiv berichtet. Dieser Fall ist die moderne Form eines Duells,
wo zwei Beraterfirmen - hier Kienbaum, dort die Firma Rundstedt - sich mit den
Waffen des Rechtsstaates bekämpfen. Hauptsache es liegen nachher nicht beide am
Boden.
Ich wünsche Ihnen einen beschwingten Start in diesen sibirischen
Kältetag. Es grüßt Sie herzlichst
Gabor Steingart Chefredakteur
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