Roberto Abraham Scaruffi

Thursday, 2 February 2012



DONNERSTAG, 02. FEBRUAR 2012
Guten Morgen,
die Einigung im griechischen Schuldenpoker zwischen Banken und Regierung steht kurz bevor. Doch die Finanzmärkte vermag dieser staatlich verordnete Schuldenerlass nicht zu beruhigen. Die Investoren schreiben bereits den nächsten Staat ab - portugiesische Anleihen finden kaum noch Käufer. Die Wirtschaft schrumpft, die Defizite steigen, die Risikoaufschläge für die Staatsanleihen aus Portugal schwanken zwischen 15 und 17 Prozent. Unsere heutige Titelgeschichte berichtet vom Tuschelthema an den europäischen Börsen: einem Schuldenschnitt auch für Portugal.

Facebook hat seinen Börsenprospekt vorgelegt - und damit erstmals einen Blick in seine Geschäftszahlen gestattet. Das Ergebnis ist beeindruckend: Die Firma erzielte im Jahr 2011 bei einem Vier-Milliarden-Dollar-Umsatz einen Gewinn von einer Milliarde Dollar. Und woher kommt der? Ausschließlich aus der Online-Werbung. Allen, die ständig über sinkende Werbeerlöse klagen, sollten sich an Facebook ein Beispiel nehmen. It´s the Online-Economy, stupid!

Die Fusion von Deutscher Börse und New York Stock Exchange ist gescheitert. "Ein Zusammenschluss beider Handelsbetreiber hätte auf dem europäischen Markt für Finanzderivate zu einer monopolartigen Stellung geführt", begründete EU-Wettbewerbskommissar Almunia die Entscheidung gestern in Brüssel. Auf Unterstützung durch die Kanzlerin konnte der Chef der Deutschen Börse, Reto Francioni, in keiner Phase seines Kampfes rechnen. Es ist derzeit politisch nicht geboten, Männer der Geldindustrie zu unterstützen. Es ist sogar besser, sie gar nicht erst zu kennen.

Deshalb finden seit geraumer Zeit schon die Treffen der Bundeskanzlerin mit dem Spitzenpersonal der Deutschen Bank heimlich statt. Der 60. Geburtstag von Josef Ackermann, dem zu Ehren Merkel ein Abendessen veranstaltet hatte, sollte öffentlich ohne Erwähnung bleiben, so wurde es allen Teilnehmern eingeschärft. Der Antrittsbesuch von Ackermann-Nachfolger Anshu Jain, der kürzlich stattfand, wurde ebenfalls als geheime Kommandosache behandelt. Die Kanzlerin will nicht von der Welle des Anti-Banken-Ressentiments erfasst werden.

Diese Stimmung ist eine weltweite. In England wurde jetzt dem ehemaligen Chef der Royal Bank of Scotland, Fred Goodwin, die Ritterwürde und damit die Anrede "Sir" entzogen. Ihm wird zur Last gelegt, dass sein Geldhaus in der Finanzkrise vom Staat gerettet werden musste. Er gilt in England als einer dieser "Boni-Banker", gegen die das Volk rebelliert. Von den Meinungsumfragen getrieben, von der Regierung angestrengt, von Königin Elisabeth II. gebilligt, verlor der Mann damit seine bürgerliche Ehre. Ein Freund Goodwins sagt: "Es ist wie Lynchen durch den Mob auf dem Marktplatz".

Nochmals zurück zur Deutschen Bank. Die wird heute den Bilanzreigen der europäischen Großbanken eröffnen. Ackermann stellt das Zahlenwerk im Beisein seiner beiden Nachfolger - Anshu Jain und Jürgen Fitschen - vor. Klar ist schon seit Ende letzten Jahres, dass das ehrgeizige Ziel eines Vorsteuergewinns von zehn Milliarden Euro für das Geschäftsjahr 2011 verfehlt wird. Aber um Zahlen geht es heute nur am Rande. Denn die in der Öffentlichkeit weithin unbekannten Nachfolger müssen Persönlichkeit zeigen. Es ist, auch wenn Ackermann das nicht gerne hört, ihre Show. Für den weißen Elefanten weisen alle Zeichen Richtung Elefantenfriedhof. Dort allerdings gebührt ihm ein Ehrenplatz. Die Bank hat ihm - obwohl sie zuletzt seiner Ichbezogenheit überdrüssig war - viel zu verdanken.

Gestern war ein schwarzer Tag für den allseits geschätzten Unternehmensberater Jochen Kienbaum. Mitarbeiter der Personalberatung, die vom Wettbewerber zu ihm gewechselt sind, sollen Unterlagen und Geschäftsideen kopiert und von dort mitgebracht haben. Die Staatsanwaltschaft schritt ein und durchsuchte an zwei Standorten die Kienbaum-Büros, wie unsere Chefreporterin Tanja Kewes exklusiv berichtet. Dieser Fall ist die moderne Form eines Duells, wo zwei Beraterfirmen - hier Kienbaum, dort die Firma Rundstedt - sich mit den Waffen des Rechtsstaates bekämpfen. Hauptsache es liegen nachher nicht beide am Boden.

Ich wünsche Ihnen einen beschwingten Start in diesen sibirischen Kältetag. Es grüßt Sie herzlichst

Gabor Steingart
Chefredakteur
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Finanzinvestoren geben Portugal verloren
Nach Griechenland schreiben private Investoren den nächsten Staat ab - portugiesische Anleihen finden kaum noch Käufer. Die Wirtschaft schrumpft, die Defizite steigen. Das Tuschelthema an den europäischen Börsen: ein Schuldenschnitt auch für Portugal.

Amazon schockiert die Aktionäre
Dem US-Konzern droht wegen ehrgeiziger Wachstumspläne ein Millionenverlust.

Europäische Kommission untersagt Börsenfusion
Die Fusion von Deutscher Börse und New York Stock Exchange (Nyse Euronext) ist gescheitert. "Ein Zusammenschluss beider Handelsbetreiber hätte auf dem europäischen Markt für Finanzderivate zu einer monopolartigen Stellung geführt", begründete EU-Wettbewerbskommissar Joaquin Almunia die Entscheidung gestern in Brüssel.

Chrysler verleiht Fiat neuen Glanz
Nur dank der guten Geschäfte ihrer US-Tochter haben die Italiener 2011 überhaupt Gewinn gemacht.

Merkel auf Euro-Werbetour
Der Kanzlerin könnte es gelingen, die Chinesen auf die Seite der Euro-Retter zu ziehen. Doch die Gastgeber haben weitreichende Forderungen.

Azubis verzweifelt gesucht
In Deutschland sind noch 75.000 Lehrstellen unbesetzt. Eine überregionale Lehrstellenbörse soll die Vermittlung verbessern.

Firmengründer steigen aus
Bei dem Modegetränk Bionade und bei Wagner-Pizza geben die Gründerdynastien die Macht jetzt endgültig an Großkonzerne ab.

Durchsuchungen bei Personalberatung Kienbaum
Mitarbeiter der führenden deutschen Personalberatung sollen das Geschäftsmodell eines Konkurrenten kopiert haben.

Die Schlacht um die Freiheit im Netz
Kommunikationswissenschaftlerin Miriam Meckel rät zu mehr Sachlichkeit in der Debatte zwischen Politikern und Internetgemeinde.

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Facebook verspricht der Börse schwarze Zahlen

Facebook hat den Prospekt zu seinem Börsengang bei der US-Börsenaufsicht eingereicht. Damit gibt das Unternehmen erstmals wichtige Details preis. So auch zu der Frage, ob das Netzwerk profitabel arbeitet.
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Experten erwarten heftigen Dax-Einbruch

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Dax klettert weiter nach oben

Nach satten Gewinnen am Vortag stehen die Vorzeichen für den Deutschen Aktienindex auch heute wieder auf Anstieg. Mit Spannung werden unter anderem die Quartalszahlen der Deutschen Bank erwartet.
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Josef Ackermann präsentiert zum letzten Mal die Bilanz der Deutschen Bank
Deutsche-Bank-Vorstandschef Josef Ackermann präsentiert am Morgen die Zahlen für das Geschäftsjahr 2011. Vor Steuern erzielte das Kreditinstitut einen Gewinn von 5,4 Milliarden Euro, unter dem Strich blieben 4,3 Milliarden Euro übrig. Im Schlussquartal machte die Bank sogar einen Vorsteuerverlust von 351 Millionen Euro. Schon im Vorfeld wurde deutlich, dass das ehrgeizige Ziel eines Vorsteuergewinns von zehn Milliarden Euro für das Geschäftsjahr 2011 verfehlt wird.

Munich Re muss sich mit kleinem Gewinn zufriedengeben
Der weltgrößte Rückversicherungskonzern Munich Re gibt die Eckzahlen für das Katastrophenjahr 2011 bekannt. Da die Schäden aus Naturkatastrophen das Konzernergebnis mit einer Rekordsumme von vier Milliarden Euro belasteten, schätzen Branchenexperten den Jahresgewinn auf lediglich knapp 600 Millionen Euro. Das wäre ein Viertel dessen, was Munich Re im Jahr 2010 verdiente. Allein das Erdbeben und der Tsunami im vergangenen März in Japan schlugen mit 1,5 Milliarden Euro zu Buche. Zu den Naturkatastrophen kamen in den vergangenen Monaten enorme Belastungen durch die negative Entwicklung der Währungskurse sowie Abschreibungen auf Staatsanleihen aus Krisenländern.

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Erzeugerpreise steigen langsamer
Die Erzeugerpreise in der Euro-Zone, die heute veröffentlicht werden, sind nach Einschätzung von Analysten im Dezember um 4,3 Prozent im Vergleich zum Dezember 2010 gestiegen. Gegenüber November dürften sie um 0,2 Prozent zurückgegangen sein.

Guter Jahresschluss für Novo Nordisk
Der dänische Pharmakonzern, der über den Verlauf des vierten Quartals berichtet, hat nach Einschätzung von Analysten seinen operativen Gewinn (Ebit) dank guter Verkäufe seines Diabetes-Medikaments Victoza und neuer Insuline von 4,34 Milliarden Kronen im Vorjahreszeitraum auf 5,34 Milliarden Kronen (940 Millionen Euro) gesteigert. Beim Umsatz erwarten Experten im Vorjahresvergleich ein Plus von gut neun Prozent auf 17,6 Milliarden Kronen.

Solide Zahlen von Unilever
Der britisch-niederländische Konsumgüterriese, der Zahlen für das zurückliegende Geschäftsjahr vorlegt, hat nach Einschätzung von Analysten 2011 Umsatz und Nettogewinn um rund fünf Prozent gesteigert. Die Experten erwarten Erlöse von gut 46 Milliarden Euro und einen Überschuss von knapp 4,5 Milliarden Euro.

Astra-Zeneca verdient noch einmal kräftig
Das britisch-schwedische Pharmaunternehmen hat nach Meinung von Analysten im abgelaufenen Geschäftsjahr mit knapp 9,9 Milliarden Dollar unter dem Strich rund 22 Prozent mehr verdient als im Jahr zuvor. Der Umsatz des Konzerns dürfte dabei unverändert geblieben sein. In diesem Jahr könnte das Geschäft deutlich schwieriger werden, da in Europa Nachahmerprodukte für Astra-Zenecas Cholesterinsenker Crestor auf den Markt kommen, der bisher für ein Fünftel des Konzernumsatzes steht. In den USA sind Nachahmerprodukte für Crestor bereits seit November zugelassen.

Luxus kennt keine Krise
Der weltgrößte Hersteller von Luxuskonsumartikeln LVMH (TAG-Heuer, Dior, Louis-Vuitton, Moët & Chandon-Champagner) hat nach Einschätzung von Experten im vergangenen Jahr sowohl Umsatz als auch Gewinn um 15 Prozent gesteigert. Sie erwarten Erlöse von gut 23 Milliarden Euro und einen Gewinn vor Zinsen, Steuern und Abschreibungen (Ebitda) in Höhe von 5,9 Milliarden Euro.

Gutes Jahr für Shell
Auch der britisch-niederländische Ölmulti dürfte ein erfolgreiches Jahr hinter sich haben. Analysten rechnen mit einem um 29 Prozent höheren Umsatz von 477 Milliarden Dollar und einem fast ebenso stark gewachsenen Nettogewinn in Höhe von gut 25 Milliarden Dollar.

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US-Kampftruppen könnten Afghanistan 2013 verlassen

Amerikas Kampfeinsatz in Afghanistan soll im kommenden Jahr womöglich enden, heißt es laut Medienberichten. Bisher war nur bekannt, dass die USA bis zum Herbst etwa ein Viertel aller Truppen abziehen.
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Mutterkonzern von American Airlines streicht 13.000 Stellen

Die drittgrößte US-Fluggesellschaft American Airlines steht unter Gläubigerschutz. Nun will die Konzernmutter AMR etwa 15 Prozent aller Stellen bei der Fluglinie kürzen. Aber Firmen-Chef Tom Horton hat auch gute Nachrichten.
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Deutsche Hersteller legen in den USA zu

Für Volkswagen beginnt das Jahr 2012 auf dem wichtigen US-Automarkt so gut wie das Jahr 2011 geendet hatte. Die Verkäufe boomen. Und auch die meisten anderen deutschen Hersteller sind flott unterwegs.
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Deutschlands Konjunkturdaten erfreuen die Wall Street

Gute Zahlen zur Wirtschaftsentwicklung aus China und Deutschland sorgten bei US-Anlegern für Optimismus. Griechenland-Meldungen brachten Finanztitel auf Trab. Aber die US-Arbeitsmarktdaten trübten die Gesamtbilanz.
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Merck & Co weiter auf Wachstumskurs
Der US-Pharmakonzern, der heute über das zurückliegende Geschäftsjahr berichtet, hat nach Einschätzung von Analysten seinen Umsatz im Vergleich zum Vorjahr um fünf Prozent auf 48 Milliarden Dollar gesteigert. Beim Gewinn vor Zinsen, Steuern und Abschreibungen (Ebitda) erwarten sie ein Plus von acht Prozent auf gut 19 Milliarden Dollar. Im vergangenen Jahr zahlte Merck 950 Millionen Dollar, um jahrelange Rechtsstreitigkeiten um sein Schmerzmittel Vioxx zu beenden.

Dow Chemical: Umbau zahlt sich aus
Der US-Konzern, hinter BASF der zweitgrößte Chemieproduzent der Welt, hat im abgelaufenen Geschäftsjahr gut verdient. Experten rechnen bei um zwölf Prozent höheren Erlösen von 60 Milliarden Dollar mit einem um fast ein Drittel gestiegenen Nettogewinn von gut drei Milliarden Dollar. Mit der knapp 16 Milliarden Dollar teuren Übernahme von Rohm & Haas (R&H) forcierte Firmenchef Andrew Liveris 2008 die Transformation vom Grundchemie- zum Spezialitätenhersteller, die er auch in diesem Jahr weiter vorantreiben will.

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Händler nehmen positive Vorgaben der Wall Street auf

Auch die zwischenzeitliche Aussetzung des Handels von Aktienpapieren von 241 Unternehmen wegen einer technischen Panne konnte die gute Laune der Händler nicht trüben. Sie richteten ihren Blick auf die Vorgaben aus Amerika.
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FÜR SIE GELESEN - HANDELSBLATT PRESSESCHAU

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Die internationale Wirtschaftspresse fragt nach der gestoppten Fusion von Nyse und Deutscher Börse, ob der ganze Aufwand nötig gewesen sei. Oder waren die Egos zweier Manager größer als der zu erwartende Ertrag?

Die britische Financial Times hält das Fusionsverbot der EU für die Deutsche Börse und die Nyse Euronext für falsch. Die Behörden seien davon ausgegangen, dass beide Börsen über 90 Prozent des Derivatehandels auf sich vereinen würden. Dabei hätten sie den weitaus größeren, außerbörslichen Handel mit Derivaten nicht als Konkurrenz betrachtet.

"Der Traum ist aus", kommentiert La Tribune aus Frankreich das Veto der EU-Kommission. Vergebens hätten die Spitzen beider Börsen, Reto Francioni und Duncan Niederauer, versucht, die Definition des Begriffs des "relevanten Marktes" - in Bezug auf den Derivatehandel und die von der EU befürchtete Dominanz der beiden in diesem Geschäft - in ihrem Sinne zu verändern. Umsonst hätten sie José Manuel Barroso angeboten, vor allen EU-Kommissaren die Vorteile ihrer Fusion zu erläutern.

Die Süddeutsche Zeitung glaubt angesichts der gelassenen Reaktionen seitens der beiden Unternehmen nach der geplatzten Fusion, dass diese gar nicht so wichtig und nötig gewesen sei, wie es die Chefs der beiden Börsenplätze stets behauptet hätten. Noch vor einem Jahr hätten beide erklärt, das Überleben der Deutschen Börse und der Nyse Euronext hänge von der Fusion ab. Nun fragt sich die Zeitung, ob der ganze Aufwand im Vorfeld des Deals es wirklich wert gewesen sei. "Waren die Egos zweier Manager wieder mal größer als der zu erwartende Ertrag?", verweist das Blatt auf die gescheiterte Firmenfusion zwischen Daimler und Chrysler.

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