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Donnerstag, 05. April
2012
Guten Morgen,
die Piraten-Partei wirbelt mit
Umfrageergebnissen von über zehn Prozent nicht nur die Parteienlandschaft
in Deutschland mächtig durcheinander. Ihre Forderung, das Recht auf geistiges
Eigentum abzuschaffen und eine Umsonstkultur in der Heimat von Goethe und
Schiller zu etablieren, hat die Kreativen in Deutschland aufgeschreckt. Im
großen Handelsblatt-Wochenendthema "Mein K©pf gehört mir" widersprechen 100
Prominente mit eigenen Beiträgen diesem Enteignungsprogramm - von der
Designerin Jette Joop über den Künstler Markus Lüpertz, der
Schauspielerin Franka Potente und der Schriftstellerin Julia
Franck bis hin zu SAP-Vorstandssprecher Jim Hagemann-Snabe. Die
Botschaft ist eindeutig: Kluge Ideen sind kein Allgemeingut. Keine Chance der
Piraterie!
Die blockierte Republik: Gestern untersagten die obersten
Verwaltungsrichter sämtliche Nachtflüge am Frankfurter Flughafen. Das
ist kein Einzelfall: Immer häufiger blockieren Bürgerbegehren und
Gerichtsentscheide milliardenschwere Investitionen. Die Folgen für den
Standort Deutschland sind immens, wie unsere heutige Titel-Geschichte
eindrucksvoll zeigt. Das Eon-Kraftwerk in Datteln: Eine Milliarde Euro
verbaut, Weiterbau verboten. Die 400 Millionen Euro teure Elbvertiefung in
der Nähe von Hamburg: seit drei Jahren vor Gericht. Die
93-Millionen-Euro-Stromtrasse bei Schwerin: nach Anwohnerprotesten
verzögert. Für die Wirtschaft eine gefährliche Entwicklung: "Eine Bevölkerung,
die ständig gegen große Infrastruktur-Projekte aufsteht, untergräbt die
Zukunftsfähigkeit ihres Industriestandorts", sagte Kurt Lauk, Präsident des
CDU-Wirtschaftsrats, dem Handelsblatt. Beunruhigen sollte uns, dass der
Politiker nicht einmal übertrieben hat.
Gerhard Schröder beteuert
zwar, dass er seine politische Karriere beendet habe. Doch wirklich loslassen
kann er noch nicht. Im Interview mit unserer Zeitung wirbt der Altkanzler
offensiv für eine Neuauflage von Rot-Grün. "Ich wünsche mir, dass es auf
Bundesebene zu einer Neuauflage von Rot-Grün kommt", sagt er und liefert die
Strategie für den SPD-Vorsitzenden Sigmar Gabriel gleich mit. "Die SPD
war immer dann erfolgreich, wenn das sozialpolitische Programm um ökonomischen
Sachverstand ergänzt wurde. Beispielsweise ist die SPD gut beraten, das Thema
Finanzmarktregulierung und stärkere Kontrolle der Banken intensiv im Wahlkampf
zu betreiben." Die Besetzung linker Positionen hält er für einen schweren
Fehler. "Wahlen werden in der Mitte gewonnen", so der frühere SPD-Vorsitzende.
Dumm nur, dass CDU-Chefin Angela Merkel den gleichen Plan hat.
Die
Europäische Zentralbank hält an der Politik des billigen Geldes
fest: Der EZB-Rat hat die Leitzinsen auf seiner gestrigen Sitzung bei
einem Prozent belassen - was nicht ohne Risiko ist. So räumte
Notenbank-Chef Mario Draghi ein, dass die Inflationsrate in diesem
Jahr weiter über der Zielmarke von zwei Prozent bleiben werde. Das ist
schlecht für jede Geldanlage und gut für den verschuldeten
Häuslebauer. Kritiker behaupten, dass bei den Italienern Inflation zum
Leben gehöre wie die Tomatensoße zur Pizza. Noch hat EZB-Chef Draghi
mit den aufkommenden Konjunktursorgen und der hohen
Arbeitslosigkeit gute Gründe für den Niedrigzins. Nur irgendwann muss das
viele Geld wieder eingesammelt werden. Oder salopp gesagt: die Zahnpasta muss
zurück in die Tube.
Ich wünsche Ihnen einen erfolgreichen Tag und ein
schönes Osterfest. Herzlichst Ihr
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Sven Afhüppe Stellvertretender
Chefredakteur
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